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Leid und Scham. Worte für eine erschütterte Kirche

Papst Franziskus ist in Irland. Er lobte den Einsatz Papst Benedikts im Kampf gegen Missbrauch. Von Josef Bordat
Papst Franziskus' in Dublin
Foto: MAXWELLS DUBLIN | Besuch Papst Franziskus' in Dublin. Das Bild zeigt den Heiligen Vater mit Premierminister Leo Varadkar bei der Begegnung in Dublin Castle. Foto: POOL PIC, MAXWELLS ON BEHALF OF WMOF18.

„Die Botschaft der Familie – Freude für die Welt“. So lautete das Motto des Weltfamilientreffens in Dublin. Freude war tatsächlich zu spüren. Die gute Stimmung auf dem Messegelände, vor allem aber beim „Festival der Familien“ mit Andrea Bocelli am Samstag Abend im Stadion „Croke Park“, die besinnlichen Stunden in Knock, ein Ort, der vielleicht wie kein zweiter in Irland für die Hoffnung des christlichen Glaubens auf Heilung und Heil steht, sowie die zur Stunde noch laufende grandiose Abschlussmesse im „Phoenix Park“ mit Papst Franziskus können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Beteiligung während der Kongresstage eher mager war. Leere Hallen, schlecht besuchte Messen und Gebetszeiten. Da ist Luft nach oben.

Premierminister Varadkar: Irland ist Vielfalt

Leo Varadkar ist ein junger, selbstbewusster Politiker mit einer Sendung: die Modernisierung Irlands. Der irische Premier, eine Mischung aus Obama und Wowereit, gibt auch im Dublin Castle Takt und Thematik vor. Irland habe sich gewandelt, seitdem im Jahre 1979 ein Papst erstmals die „Grüne Insel“ besuchte (er sagt das, nicht ohne an den Beitrag Johannes Pauls II. für den Friedensschluss zu erinnern und sich für dessen „prayers for peace“ zu bedanken). Irland sei heute ein Land der Diversität, auch im Hinblick auf die Familie. „Schauen Sie sich um im Saal, da entdecken Sie die Vielfalt Irlands“ - eine etwas wohlfeile Bemerkung, wenn insbesondere Botschaftsangehörige geladen sind. Von Franziskus erwartet der Regierungschef, dass er das Gewicht seines hohen Amtes nutze, geschehenen Missbrauch aufzuarbeiten und Missbrauch künftig zu verhindern.

Familie: „Klebstoff“ der Gesellschaft

Mit Spannung erwartet wurde – weit über die Kirche hinaus – der Auftritt des Heiligen Vater vor den Vertretern der Regierung, des Diplomatischen Korps und des öffentlichen Lebens. Im Dublin Castle stellte sich nicht nur der Papst den hochrangigen Autoritäten, sondern gleichsam die Kirche der säkularen Gesellschaft.

Es ging in Franziskus' Rede aber nicht nur um Missbrauch, sondern freilich auch um die soziale Rolle der Familie und deren gegenwärtige Schwächung, um die in der Familie erlernten Werte der Solidarität und des Friedens (Franziskus spricht von der Überwindung des Nordirlandkonflikts), sowie um die „Wegwerfkultur“. Papst Franziskus erwähnt einige marginalisierte Menschengruppen, darunter auch die „Ungeborenen, denen das Lebensrecht selbst abgesprochen wird“ – im Blick auf das jüngste Referendum nicht ohne aktuelle Brisanz.

Missbrauch ist Ursache von Leid und Scham

Dann wandte sich der Heilige Vater dem Thema zu, das die Tage von Dublin überschattet hat: der Missbrauch, dem „unsere verwundbarsten Brüder und Schwestern“ zum Opfer fielen. Franziskus findet klare Worte: „Das Versäumnis der kirchlichen Autoritäten – Bischöfe, Ordensobere, Priester und andere –, mit diesen abscheulichen Verbrechen angemessen umzugehen, hat zu Recht Empörung hervorgerufen und bleibt eine Ursache von Leid und Scham für die katholische Gemeinschaft. Ich selbst teile diese Gefühle“.

Papst Franziskus lobt den Einsatz Papst Benedikts

Der Heilige Vater hebt sodann die Rolle seines Amtsvorgängers hervor: „Benedikt XVI. sparte nicht mit Worten, um den Ernst der Lage anzuerkennen und zu fordern, dass als Antwort auf diesen Vertrauensbruch Maßnahmen ergriffen werden, die ,wirklich dem Evangelium gemäß, gerecht und effektiv sind'“, wie Franziskus aus Benedikts „Hirtenbrief an die Katholiken in Irland“ vom 19. März 2010 zitiert. Benedikts „freimütiges und entschlossenes Eingreifen“ sei „Ansporn für die Bemühungen der kirchlichen Verantwortungsträger, die Fehler der Vergangenheit zu beheben und strenge Regeln zu erlassen, um sicherzustellen, dass sie sich nicht wiederholen“.

Die säkulare Gesellschaft, deren Vertreter höflich applaudieren, kann der Papst, kann die Kirche nur überzeugen, wenn diesen Worten Taten folgen. Bald. Das fordert nicht nur Leo Varadkar.

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DT

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