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Kleine Geschichte des Christentums

Der Historiker Christian Lange erklärt tausend Jahre Kirchengeschichte. Er will Entwicklungslinien in der Verbreitung des christlichen Glaubens im ersten Jahrtausend aufzeigen. Von Klaus Schlupp
Geschichte des Christentums
Foto: KNA | In der Echternacher Basilika erinnert die Willibrordus-Quelle an die Tauftätigkeit des angelsächsischen Missionars (658–739).

Christian Lange ist mit seiner „kleinen Geschichte des Christentums“ etwas gelungen, was unmöglich erscheint. Er hat tausend Jahre Kirchengeschichte auf gerade einmal 180 gut lesbaren Seiten zusammengefasst. Er will Entwicklungslinien in der Verbreitung des christlichen Glaubens im ersten Jahrtausend und auch Tendenzen in der aktuellen Forschung aufzeigen.

Lange zeigt sich als historischer Theologe im besten Sinn, indem er die Geschichte der Kirche mit Jesus von Nazareth beginnen lässt. Hier stellt er die Bedingungen dar, nämlich das römische Weltreich, dessen einheitliche Strukturen es letztlich ermöglicht haben, dass die Botschaft von der Menschwerdung Gottes sich derart rasant ausbreiten konnte.

Eckpunkte der Entstehung und Entwicklung der Kirche im Römischen Reich

Präzise stellt Lange die Eckpunkte der Entstehung und Entwicklung der Kirche im Römischen Reich dar. Verfolgung durch die staatlichen Autorität, wegen des Verstoßes gegen die Staatsraison – die Christen hatten bekanntlich das Kaiseropfer abgelehnt – bis hin zu den Fragen, welchen Beruf ein Taufbewerber haben dürfe. Denn nach der „Traditio Apostolica“ des Hippolytus von Rom waren natürlich Tätigkeiten wie Götzenpriester oder Bordellbesitzer, aber auch Maler, Lehrer, Gladiator oder Soldat ein Hindernis, um in die Kirche aufgenommen zu werden.

Der Kampf gegen die Haupthäresie der Gnosis wird thematisiert, wie auch die Rolle der Kirche von Rom als besonders ehrwürdige, deren Bischof schon im dritten Jahrhundert herausgehoben war, auch wenn die Kirchen Kleinasiens und Nordafrika daraus noch keine Führungsrolle ableiteten. Das Mönchtum kam auf und seit Konstantin war aus der kleinen jüdischen Jesussekte die Staatsreligion des Römischen Reiches geworden. Präzise und gut strukturiert zeichnet Lange die Entwicklungslinien sowohl der Verbreitung der neuen Religion wie auch der Dogmengeschichte auf und lässt dabei auch die Kirchenväter zu Wort kommen.

„Geschichte des Christentums“

Es ist eine „Geschichte des Christentums“, keinesfalls nur der römischen, griechischen oder fränkischen Reichskirche. Folgt man der Überlieferung, haben nämlich nicht nur Petrus und Paulus im Reich missioniert. Der Evangelist Markus gilt als Missionar Afrikas und der Apostel Thomas als der des Ostens.

Gerade die sich auf Thomas zurückführenden Altorientalen spielen im ersten Jahrtausend eine sehr wichtige Rolle in der christlichen Mission. Gleich im ersten Kapitel widmet er ein Unterkapitel den Anfängen außerhalb des Imperium Romanum. Auch in den weiteren Kapiteln spielen die Altorientalen die ihnen gebührende Rolle.

Langes Verdienst kann daher nicht hoch genug gewertet werden, etwa, wenn er den Weg der persischen „Kirche des Ostens“ bis nach China und Indien noch einmal nachzeichnet. Im Westen vergessen ist, dass diese Kirche im neunten Jahrhundert in China Klöster besaß und sogar vier Bischofssitze – darunter Peking – unterhielt.

Entwicklung der Kirche bei den Germanen

Aber nicht nur auf den christlichen Osten, auch die Entwicklung der Kirche bei den Germanen ist ein Schwerpunkt des Buches. Auch dort verlief die Dogmengeschichte anders als in der Reichskirche. Präzis, richtig und dennoch knapp erläutert Lange die dogmengeschichtliche Entwicklung in der damals besonders relevanten Christologie.

Mehrere geschichtliche Entwicklungen führten zur Orientierung der Christenheit hin zum Heiligen Stuhl: Zum einen die Taufe des Chlodwig und die angelsächsische Mission, denn sie begründeten das katholische Frankenreich. Hinzu kam der Niedergang der Germanenreiche, in denen die Vorstellung gefördert worden war, dass Gott-Vater und Gott-Sohn nicht wesensgleich seien, sondern nur wesensähnlich.

Die Mission der Slawen

Den Abschluss des Buches bildet die Mission der Slaven, die sich in ihrer Mehrheit nach Konstantinopel orientierten, da die griechische Kirche das Kirchenslavische gestattete und nicht nur die drei Sprachen der Kreuzesinschrift, Latein, Griechisch und Aramäisch zulassen wollte wie die Römer.

Langes hat ein ausgezeichnetes Lernbuch geschaffen, was dem Theologen und Historiker das notwendige Rüstzeug liefert und Interessierte anregt, das Gelesene durch Speziallektüre weiter zu vertiefen.

Auch die Arbeit des Lektors und der Grafik ist lobenswert. Es ist ein gut gegliedertes Buch in ansprechender Sprache mit sinnvollen Karten, Zeichnungen und Fotografien, die den Text passend ergänzen. Selbstverständlich enthält das Werk auch ein gutes weiterführendes Literaturverzeichnis. „Eine kleine Geschichte des Christentums“ gehört in die Handbibliothek eines jeden Theologen und Historikers vom ersten Semester an, denn sie liefert genau die Grundlagen, die man braucht, um darauf aufbauen zu können.

Christian Lange: Eine kleine Geschichte des Christentums. Ausbreitung und Entwicklung im ersten Jahrtausend. Verlag Lambert Schneider, 2012, 188 Seiten, ISBN: 978-36502426-17, EUR 24,90

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