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Kiew pocht auf Unabhängigkeit seiner Kirche von Moskau

Angesichts der militärischen Gefechte im Osten des Landes fordert der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die Eigenständigkeit der ukrainischen Kirche. Unterstützung erhält er von seinen drei Vorgängern.
Bartholomeos I. in der Schweiz
Foto: Cyril Zingaro (KEYSTONE) | Der griechisch-orthodoxe Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomeos I., besucht am 24.04.2017 in Freiburg (Schweiz) die Kathedrale St. Nikolaus. Foto: Cyril Zingaro/KEYSTONE/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ |

Ukrainische Politiker machen sich angesichts der militärischen Gefechte im Osten des Landes für den Bruch der orthodoxen Kirche mit Moskau stark. Präsident Petro Poroschenko fordert die Autokephalie (Eigenständigkeit) der ukrainischen Kirche und erhält dafür die Unterstützung von seinen drei Vorgängern. Die Ex-Präsidenten Leonid Krawtschuk, Leonid Kutschma und Viktor Juschtschenko sagten am Dienstag in Kiew bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, eine von Moskau unabhängige, geeinte Kirche werde die Ukraine im Konflikt mit Russland stärken.

"Wir rufen alle Bürger und Politiker auf, sich hinter dieses große Ziel zu stellen", so Krawtschuk nach KNA-Angaben. Er war von 1991 bis 1994 der erste ukrainische Staatschef nach dem Zerfall der Sowjetunion. Das Oberhaupt der mit Moskau verbundenen ukrainisch-orthodoxen Kirche, Metropolit Onufri, verbat sich hingegen eine Einmischung der Politik in Kirchenfragen. Wenn man Poroschenkos Plan folge, "werden wir ein zweitklassiges Volk".

Poroschenko hatte Mitte April den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., offiziell gebeten, der orthodoxen Kirche seines Landes die Autokephalie zu gewähren. Auch das ukrainische Parlament sprach sich mit großer Mehrheit für die Unabhängigkeit der Kirche von Moskau aus. Die russisch-orthodoxe Kirche und der Kreml lehnen die Abtrennung der ukrainischen Kirche dagegen ab. Das Patriarchat von Konstantinopel will demnächst über den Antrag aus Kiew beraten.

In der Ukraine bekennen sich fast 70 Prozent der Bürger zum orthodoxen Christentum. Die orthodoxe Kirche in dem Land hatte sich nach der staatlichen Unabhängigkeit in zwei große orthodoxe Konfessionen gespalten, die sich vor allem in ihrer Haltung zu Russland unterscheiden. Das 1992 gegründete Kiewer Patriarchat betrachtet die russisch-orthodoxe Kirche als verlängerten Arm von Staatspräsident Wladimir Putin. Die Weltorthodoxie erkennt einzig die mit Moskau verbundene Kirche an.

Seit 2014 kämpfen im Osten der Ukraine von Moskau unterstützte Separatisten gegen ukrainische Soldaten. Bei den Gefechten starben nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 10 000 Menschen. Kiew und Moskau geben sich gegenseitig die Schuld an dem Konflikt.

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