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Kardinal Walter Brandmüller im Portrait der Woche

Kontaktfreudig und kämpferisch ist Kardinal Walter Brandmüller eine prägnante Stimme traditionsbewusster Katholiken. Von Regina Einig
Portrait der Woche: Kardinal Walter Brandmüller

Geschichtsbewusstsein macht Kirchenkrisen erträglicher. Walter Kardinal Brandmüller lebt diese Maxime anderen vor. Der Offizierssohn wird am 5. Januar neunzig Jahre alt. Weder das Chaos in der Kurie noch die Dramen in der Weltkirche haben ihn zermürbt. Kontaktfreudig und kämpferisch ist er eine prägnante Stimme traditionsbewusster Katholiken.

Der Werdegang von Walter Brandmüller

Brandmüller kam 1929 in Ansbach auf die Welt und wurde evangelisch getauft. Frühzeitig entschied er sich jedoch, zum katholischen Glauben zu konvertieren. Nach dem er das Abitur im Jahr 1948 erworben hatte, entschloss er sich für ein Studium der katholischen Theologie. 

1953 wurde der Franke zum Priester geweiht. Nach jahrelanger Arbeit in der Seelsorge schlug Brandmüller die wissenschaftliche Laufbahn ein und lehrte ein gutes Vierteljahrhundert bis zu seiner Emeritierung 1997 Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit an der Universität Augsburg. Konziliengeschichte ist sein Fachgebiet.

Die Ernennung zum Kardinal und die Verleihung der Bischofsweihe

Als Benedikt XVI. dem langjährigen Präsidenten des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft 2010 die Kardinalswürde verlieh, ließ sich Brandmüller zum Bischof weihen. Sein Wahlspruch „Ignis in terram“ (Feuer auf die Erde) versprach ein Kontrastprogramm zum behäbigen deutschen Funktionärskatholizismus.

Dass es der neue Purpurträger bei aller akademischen Gelehrsamkeit durchaus versteht, ein breites Publikum mit feuilletonistischer Eleganz zu fesseln, zeigen seine Interviewbücher. Im Gespräch mit Ingo Langner fasste Brandmüller apologetisches Grundwissen über die Kirche kompakt zusammen.

Walter Kardinal Brandmüller predigt
Foto: Bistum Augsburg/Markus Kremser | Walter Kardinal Brandmüller.

Weltweit bekannt als Verteidiger der kirchlichen Lehre wurde er 2016 als einer der vier Dubia-Kardinäle, die Papst Franziskus Fragen zu „Amoris laetitia“ stellten – nicht aus Lust am Widerspruch, sondern als pflichtbewusste Verteidiger des katholischen Glaubens in Zeiten doktrineller Verwirrung.

Als erster Geistlicher feierte der Kardinal 2011 nach der Liturgiereform Pauls VI. ein Pontifikalamt im außerordentlichen Ritus am Kathedra-Altar des Petersdoms. Ein inoffizieller Besuch im Seminar der Piusbrüder in Zaitzkofen 2014 signalisierte Hirtensorge.

Eine skeptische Stimme in der Kirche

Brandmüller nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn ihm Ereignisse übel aufstießen: Skeptisch äußerte er sich zum Rücktritt Benedikts XVI., zur Situation der Kirche in Deutschland, zum Katholikentag in Münster. Sein öffentlich bekannt gewordener Briefwechsel mit dem emeritierten Papst spricht für sich.

Dass er dem Beirat des vom früheren US-Chefstrategen Steve Bannon ins Leben gerufenen „Dignitatis Humanae Institute“ angehört, sieht der Kardinal als reine Höflichkeitssache an. Aktivitäten des Purpurträgers in diesem Rahmen hat es bisher jedenfalls keine gegeben und sind auch nicht geplant. Angesichts der Aufregungszyklen im Vatikan wären sie wohl auch nur ein Sturm im Wasserglas.

Die wichtigsten Bücher von Brandmüller:

  • Galilei und die Kirche, ein "Fall" und seine Lösung. MM Verlag Aachen 1994, ISBN 3-928272-35-7.
  • Das Konzil von Kostanz 1414-1418. Schöningh Verlag Paderborn, Band 1: Bis zur Abreise Sigismunds nach Narbonne, 2. Aufl. 1999, ISBN 3-506-74698-7. Band 2: Bis zum Konzilsende, 1997, ISBN 3-506-74691-X.   
  • Licht und Schatten. Kirchengeschichte zwischen Glaube, Fakten und Legenden. Sankt Ulrich Verlag Augsburg 2007 (ISBN 3-936484-99-6).

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