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Kardinal Müller lobt Benedikts Reflexionen zur Missbrauchskrise

Mangelnden Respekt und ideologische Verblendung wirft der Kurienkardinal Gerhard Müller den Kritiker des emeritierten Papstes vor. Nicht Benedikt, sondern dessen Kritiker seien es, die zu einer Spaltung der Kirche beitragen würden.
Kurienkardinal Müller: Benedikt spaltet die Kirche nicht
Foto: Andreas Arnold (dpa) | Auch im Alter von 92 Jahren sei der emeritierte Papst in der Lage, tiefer gehende theologische Reflexionen anzustellen als seine Kritiker, meint Kurienkardinal Müller.

Kurienkardinal Gerhard Müller hat sich erneut zur Analyse des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zu den Ursachen der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche zu Wort gemeldet. Benedikt habe den „größten Überblick und die tiefsten Einblicke“ was die Ursprünge und die Geschichte des von Klerikern begangenen sexuellen Missbrauchs angehe. „Er ist in einer besseren Position als all die Blinden, die andere Blinde anführen wollen.“ Das schreibt Müller in einem Essay für das katholische US-Magazin „First Things“.

"Abgedroschene Phrasen" und vorgefertige Sprachschablonen

Auch im Alter von 92 Jahren sei der emeritierte Papst in der Lage, tiefer gehende theologische Reflexionen anzustellen als seine Kritiker, denen Müller mangelnden Respekt und ideologische Verblendung vorwirft. Wer „Klerikalismus“ oder „durch den Zölibat aufgestauten sexuellen Druck“ als Ursache für den Missbrauch sehe und hierarchische Strukturen in der Kirche sowie die Unantastbarkeit des Priesteramtes anprangere, verwende lediglich „abgedroschene Phrasen“ und vorgefertigte Sprachschablonen, so Kurienkardinal Müller. Solch eine Argumentation zeuge von einem ideologisch verengten Horizont.

In seinem jüngst veröffentlichten Schreiben machte der emeritierte Papst Benedikt einen Sitten- und Moralverfall im Zuge der sexuelle Revolution in den späten 1960er Jahren für die aktuelle Krisensituation der Kirche verantwortlich. Vor diesem Hintergrund sei es zu einem „Zusammenbruch der katholischen Moraltheologie“ gekommen, der den Missbrauch innerhalb der Kirche ermöglicht habe.

Nur striktes Befolgen der kirchlichen Lehre kann Täter abhalten

Die einzig korrekte Antwort auf die Missbrauchsfälle könne eine „Null-Toleranz“-Linie sein, meint Kardinal Müller. „Sexueller Missbrauch von Jugendlichen oder gar von erwachsenen Seminaristen kann unter keinen Umständen toleriert werden, selbst wenn die Täter sich zu rechtfertigen versuchen, indem sie auf gegenseitiges Einvernehmen unter Erwachsenen hinweisen“, schreibt der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation weiter. Nur ein striktes Befolgen der kirchlichen Lehre sowie „harte Strafmaßnahmen“ könnten potenzielle Täter abhalten und den Opfern das Gefühl vermitteln, dass für Gerechtigkeit gesorgt werde.

Müller zufolge sei der niederträchtigste Vorwurf von Seiten der Kritiker, Benedikt würde den Kampf von Papst Franziskus gegen sexuellen Missbrauch untergraben. Dabei bleibe Franziskus gar nichts anderes übrig, als die Maßnahmen weiterzuverfolgen, die sein Vorgänger – Benedikt XVI. - bereits in die Wege geleitet hatte. Der Papst müsse sich selbst wie auch die gesamte Glaubenskongregation gegen die hartnäckigen Versuche all jener schützen, die Missbrauch herunterspielen und vertuschen wollten.

Müller: Benedikt trägt nicht zu Spaltung der Kirche bei

Zudem weist der 71-Jährige den Vorwurf zurück, der emeritierte Papst trage zu einer Spaltung der Kirche bei. Dies treffe vielmehr für all diejenigen zu, „die die Wahrheit verschweigen und sich hinter psychosozialem Geschwätz verstecken“. Wer die kirchliche Morallehre auf dem Rücken jugendlicher Opfer von Sexualverbrechen mit einer selbstgemachten Sexualmoral gemäß dem selbstgefälligen Lustprinzip der 1970er ersetzen wolle, sorge so nicht nur für Häresie und Spaltung, sondern begünstige offen eine Abfall vom Glauben.

DT/mlu

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