Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Papst Ansprache

Hören wir auf das Wort Gottes!

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters während der Generalaudienz vom 31. Januar.
Pope Francis' general audience
Foto: Giorgio Onorati (ANSA) | Papst Franziskus.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Heute wollen wir mit den Katechesen über die Heilige Messe fortfahren. Nachdem wir uns mit den Eröffnungsriten befasst haben, betrachten wir nun die Liturgie des Wortes, die einen wesentlichen  Bestandteil darstellt, weil wir uns eben deshalb versammeln, um zu hören, was Gott getan hat und weiter für uns tun will. Das ist eine Erfahrung, die „live“ gemacht wird und nicht durch Hörensagen erfolgt, denn „wenn in der Kirche die Heiligen Schriften gelesen werden, spricht Gott selbst zu seinem Volk und verkündet Christus, gegenwärtig in seinem Wort, das Evangelium“ (Grundordnung des Römischen Messbuchs, 29; vgl. Sacrosanctum Concilium, 7; 33). Doch wie oft werden, während das Wort Gottes vorgelesen wird, Bemerkungen ausgetauscht: „Guck mal der da…, guck mal die da…, guck dir mal den albernen Hut an, den die anhat…“.  Und es werden Kommentare abgegeben. Stimmt das nicht? Dürfen Kommentare abgegeben werden, während das Wort Gottes gelesen wird? [Die Leute auf dem Petersplatz antworten: „Nein!“.] Nein, denn wenn du mit den Leuten schwätzt, dann hörst du das Wort Gottes nicht. Wenn das Wort Gottes in der Bibel vorgelesen wird – die erste Lesung, die zweite, der Antwortpsalm und das Evangelium -, müssen wir zuhören und unser Herz öffnen, weil Gott selbst zu uns spricht. Und nicht an etwas anderes denken oder über etwas anderes reden. Verstanden?… Ich werde euch erklären, was beim Wortgottesdienst geschieht.

Die Seiten der Bibel sind nicht länger etwas Geschriebenes, sondern werden lebendiges, von Gott gesprochenes Wort. Es ist Gott, der durch den Menschen, der vorliest, zu uns redet und uns, die wir glaubend zuhören, anspricht. Der Heilige Geist, „der gesprochen hat durch die Propheten“ (Credo) und die Autoren der Heiligen Schrift inspirierte, sorgt dafür, dass „das Wort Gottes nicht nur in den Ohren klingt, sondern in den Herzen wirkt“ (Lektionar, Einführung, 9). Doch um das Wort Gottes zu hören, muss man auch ein offenes Herz haben, um die Worte im Herzen zu empfangen. Gott spricht und wir hören ihm zu, um dann das, was wir gehört haben, in die Praxis umzusetzen. Es ist ganz wichtig, dass wir zuhören. Manchmal verstehen wir vielleicht nicht alles genau, weil einige Lesungen ein wenig schwierig sind. Doch Gott spricht trotzdem auf eine andere Weise zu uns. Man muss still sein und das Wort Gottes hören. Vergesst das nicht. Bei der Messe, wenn die Lesungen beginnen, hören wir das Wort Gottes.

Wir haben es nötig, darauf zu hören! Hier geht es um das Leben, wie uns der Satz „Der Mensch lebt nicht nur von Brot, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt“ (Mt 4,4) nachdrücklich in Erinnerung ruft. Das Leben, das das Wort Gottes uns schenkt. In diesem Sinne sprechen wir von der Liturgie des Wortes als dem „Tisch“, den der Herr bereitet, um unser geistliches Leben zu stärken. Der Tisch der Liturgie ist reich ausgestattet, da er ausgiebig aus der Schatzkammer der Bibel schöpft (vgl. Sacrosanctum Concilium, 51), sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Testament, denn in ihnen verkündet die Kirche ein und dasselbe Mysterium Christi (vgl. Lektionar, Einführung, 5). Denken wir an den Reichtum der biblischen Lesungen, den die drei Sonntagszyklen bieten, die uns auf der Grundlage der synoptischen Evangelien im Lauf des Kirchenjahrs begleiten: ein großer Reichtum. Ich möchte hier auch die Bedeutung des Antwortpsalms in Erinnerung rufen, der die Aufgabe hat, das Nachdenken über das, was wir in der ihm vorausgehenden Lesung gehört haben, zu fördern. Es ist gut, wenn der Antwortpsalm gesungen wird, zumindest der Kehrvers (vgl. Grundordnung des Römischen Messbuchs, 61; Lektionar, Einführung, 19-22).

Die liturgische Verkündigung derselben Lesungen mit den der Heiligen Schrift entnommenen Gesängen bringt die kirchliche Gemeinschaft zum Ausdruck und fördert diese, indem sie den Weg aller und jedes einzelnen begleitet. So wird verständlich, warum einige subjektive Entscheidungen, wie das Auslassen von Lesungen oder ihr Austauschen durch nichtbiblische Texte, nicht zulässig sind. Ich habe gehört, dass schon einmal jemand, wenn es eine Nachricht gibt, die Zeitung vorliest, weil das gerade die Nachricht des Tages ist. Nein! Das Wort Gottes ist das Wort Gottes! Die Zeitung können wir anschließend lesen. Doch in der Messe wird das Wort Gottes vorgelesen. Es ist der Herr, der zu uns spricht. Jenes Wort durch etwas anderes zu ersetzen lässt den Dialog zwischen Gott und seinem betenden Volk verarmen und beeinträchtigt ihn. Es bedarf vielmehr der Würde des Ambo und der Verwendung des Lektionars sowie guter Lektoren und Psalmisten. Man muss gute Lektoren suchen!, Lektoren, die vorzutragen wissen, nicht solche, die die Worte verunstalten, so dass man nichts verstehen kann. So ist das! Gute Lektoren. Sie müssen sich vorbereiten und den Text vor der Messe probelesen, um ihn gut vortragen zu können. Und das schafft eine Atmosphäre der Stille, die aufnahmebereit macht [„Die Liturgie des Wortes ist so zu feiern, dass sie die Betrachtung fördert. Deshalb muss jede Art von Eile, die der Sammlung hinderlich ist, gänzlich vermieden werden. Der Sammlung dienen auch kurze Momente der Stille, die der jeweiligen Versammlung angemessen sind, in denen durch das Gnadenwirken des Heiligen Geistes das Wort Gottes im Herzen aufgenommen und die Antwort darauf durch Gebet vorbereitet werden soll.“ (Grundordnung des Römischen Messbuchs, 56)] .

Wir wissen, dass das Wort des Herrn eine unerlässliche Hilfe ist, damit wir uns nicht verirren, wie der Psalmist klar erkennt, der an den Herrn gewendet bekennt: „Dein Wort ist meinem Fuß eine Leuchte, ein Licht für meine Pfade“ (Ps 119,105). Wie könnten wir unsere Pilgerfahrt auf Erden mit ihren Mühen und ihren Prüfungen auf uns nehmen, ohne regelmäßig durch das in der Liturgie erklingende Wort Gottes gestärkt und erleuchtet zu werden?

Gewiss, es reicht nicht, mit den Ohren zu hören, ohne den Samen des göttlichen Wortes im Herzen aufzunehmen und ihm zu erlauben, Frucht zu tragen. Rufen wir uns das Gleichnis des Sämanns und der den verschiedenen Arten des Bodens entsprechenden unterschiedlichen Ergebnisse in Erinnerung (vgl. Mk 4,14-20). Das Wirken des Geistes, der die Antwort wirkmächtig macht, bedarf solcher Herzen, die sich bearbeiten und kultivieren lassen, so dass das, was in der Messe gehört wird, in das tägliche Leben übertragen werden kann, entsprechend der Mahnung des Apostels Jakobus: „Hört das Wort nicht nur an, sondern handelt danach; sonst betrügt ihr euch selbst“ (Jak 1,22). Das Wort Gottes legt einen Weg in uns zurück. Wir hören es mit den Ohren und es geht zum Herzen; es bleibt nicht in den Ohren, es muss zum Herzen gehen; vom Herzen geht es zu den Händen, zu den guten Werken. Das ist der Weg, den das Wort Gottes zurücklegt: von den Ohren zum Herzen und zu den Händen. Das wollen wir lernen. Danke!


Ein Sprecher verlas folgenden Gruß des Papstes an die Besucher aus dem deutschen Sprachraum:
Von Herzen grüße ich die Pilger deutscher Sprache. In den biblischen Texten spricht Gott selbst zu uns. Nehmen wir sein Wort bereitwillig auf, damit der Same, den der Herr in unser Herz einsenkt, wächst und reiche Frucht bringt. Gott segne euch alle.


Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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