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Antonius von Padua - Ein Heiliger der ganzen Welt

Immun gegen theologische Moden und Krisen: Antonius von Padua wird von allen in allem angerufen. Von Urs Buhlmann
Basilika des heiligen Antonius in Padua
Foto: KNA | Ein Magnet für Pilger und Touristen: die Basilika des heiligen Antonius in Padua.

Antonius von Padua gehört zu den Heiligen, denen keine theologische Krise etwas anhaben kann, die nie „aus der Mode kommen“: Antonius von Padua, als Wiederbringer verlorener Gegenstände und Helfer in allen Nöten auch über das Christentum hinaus bekannt und verehrt. Ihm hat der Schweizer Franziskaner P. Gottfried Egger, Experte für die Spiritualität seines Ordens, ein lesbares und lesenswertes Buch gewidmet, das dem heutigen Leser die ferne mittelalterliche Gestalt neu erschließt.

Es wird wohl nicht einmal allen Verehrern des heiligen Antonius bekannt sein, dass er mitnichten aus Padua, sondern aus Lissabon kommt, zudem, dass er zunächst zehn Jahre Augustiner-Chorherr in seiner Heimat war, bevor er zu den Söhnen des heiligen Franz fand. Fernando de Bulhoes hieß der Knabe, der um 1190 adligen Eltern geboren wurde. Eine gute Schulbildung vermittelte ihm auch die Ideale der Ritterlichkeit, die ihn sein enges Verhältnis zur Gottesmutter unter dem Aspekt des Minnedienstes deuten ließ. Über einen Onkel, der Regularkanoniker an der Kathedrale war – ganz wie es dem Ideal des heiligen Augustinus entsprach – kam der begabte Junge in Kontakt mit diesem ältesten aller Orden.

Antonius von Padua war Lehrer des Evangeliums

Der früheste Lebensbericht, die Legenda assidua von 1232, lässt anklingen, dass der spätere Heilige Anfechtungen durchmachte, bis er seiner Berufung sicher war. Diese aber verfolgte er konsequent: Nachdem er im Lissaboner Chorherren-Kloster die für diesen Orden typische Atmosphäre stetigen Austausches und wechselseitiger Besuche von Nahestehenden und seelsorgerisch Betreuten als ungünstig für seine geistliche Reife erlebte, bat er um Versetzung in ein Kloster weiter im Landesinnern. Dort, in der damaligen Hauptstadt Coimbra, konnte er in einem Konvent von 60 Chorherren – darunter den besten Theologen des Landes – weiter studieren. Wobei ihm ein staunenswertes Gedächtnis zu Hilfe kam. Man sagte ihm nach, dass er die gesamte Bibel aus dem Kopf diktieren könnte, wenn sie verloren gehen würde. Die Theologie des späteren Heiligen zeichnet eine tiefe exegetische Grundierung aus.

Als Pius XII. ihn 1946 zum Kirchenlehrer erhob, gab er ihm daher den Beinamen „Lehrer des Evangeliums“. Auch erste Wunder-Berichte sind aus der Zeit in Coimbra bekannt. Warum trat Fernando dann 1220 zu den Franziskanern des Klosters Santo Antonio dos Olivais in Coimbra über?

Es war der missionarische Geist der ersten Franziskaner-Märtyrer, der im jungen Chorherrn den Wunsch nach einem anderen, strengeren Leben aufkommen ließ. An der Klosterpforte in Coimbra lernte er die fünf Brüder kennen, die 1219 nach Marokko weiterzogen und dort Blutzeugen für Christus wurden. Ihnen wollte Fernando nachfolgen und erbat, mit Erlaubnis seiner Oberen, 1220 den aschgrauen Habit des Bettelordens. Zugleich nahm er den Namen des großen ägyptischen Mönchsvaters Antonius an. Wie die Märtyrer, denen er begegnet war, träumte der nunmehrige Bettelmönch davon, in die Sarazenenmission zu ziehen und sein Leben hinzugeben. Doch bei diesem heroischen Bemühen versetzt ihm Gott einen Dämpfer: Während der Überfahrt nach Nordafrika erkrankt Antonius an Malaria, so stark, dass ihm nach langem Krankenlager nichts anderes übrigbleibt als wieder zurückzusegeln. Auch die Heimkehr steht unter keinem guten Stern, starke Stürme treiben das Schiff an die sizilianische Küste. Ergeben nimmt der Franziskaner diese Wendung hin, in Messina hört er, dass Ordensgründer Franziskus ein Generalkapitel einberufen hat. Dort in Assisi erlebt er ihn und bleibt nun in Italien, zunächst abgeschieden in einer Einsiedelei. Hier empfängt er seine wahre Berufung: Er, der immer nur niedere Dienste tat, musste unvorbereitet nach einer Priesterweihe zu den Gästen sprechen. Viel erwartete man sich nicht von dem Neuankömmling. Zur Überraschung aller sprach Antonius jedoch gut und immer besser: „Je länger er sprach, desto mehr staunten die Zuhörer über diesen einfachen Küchenbruder, der so tiefgehend reden konnte. Seine Ansprache offenbarte (...) inneren Reichtum und ein Charisma der Rhetorik... Hier paarte sich erstaunliches Wissen, vor allem die Kenntnis der Heiligen Schrift, mit der Gotteserfahrung eines tiefen Mystikers“, schreibt Gottfried Egger.

Damit war Antonius' weiterer Weg besiegelt. Er wurde offiziell bestellter Prediger seines Ordens für ganz Norditalien. Von den Franziskanern wurde erwartet, dass sie mehr durch Taten als durch Worte predigten. Doch schloss das eine das andere nicht aus. Im Laufe der nächsten neun Jahre ab 1222, den letzten seines Lebens, war Antonius nicht nur in ganz Oberitalien, dann auch in Südfrankreich predigend unterwegs. Er war zusätzlich für ein Jahr Lehrer der Theologie, als erster seines Ordens, in Bologna, dann auch Provinzial der zweitgrößten Ordensprovinz, der Romagna. 1228 nahm er in Padua seinen ständigen Sitz – wenn er nicht gerade in Ordensangelegenheiten oder verkündigend unterwegs war.

So ruhmvoll Antonius' weiterer Weg war – 1228 predigte er vor Papst Gregor IX. so grandios, dass der Pontifex ihn eine „Schatztruhe der Heiligen Schrift“ nannte – nicht einmal ihm war immer Erfolg beschieden. In Udine war er zum Predigen auf einen Baum gestiegen, die Menschen schrien aber so sehr, dass er aufhören und weiterziehen musste.

Schon die Zeitgenossen verehrten Antonius  

In Padua waren es dagegen zuletzt bis zu 30 000 Menschen, die ihn hören und auch bei ihm beichten wollten. Aus jener Zeit ist ein Wunder überliefert, das seitdem immer mit ihm in Verbindung gebracht wird: Bei der Lektüre der Heiligen Schrift in seiner Zelle erschien plötzlich ein Licht in Form einer Blume. „Aus der leuchtenden Knospe trat Christus in Gestalt eines göttlichen Kindes hervor. Der wunderbare Gast ließ sich liebevoll lächelnd von seinem Jünger umarmen“, so Gottfried Egger. Wenig darauf starb Antonius in Padua. Erst Tage später konnte er beigesetzt werden, weil geradezu ein Kampf um seinen Leichnam und dessen Beerdigungsort einsetzte. Es war allen klar, dass es nicht lange dauern würde, bis Antonius zur Ehre der Altäre gelangen würde. Schon in den Tagen vor und nach der Beisetzung – in Padua, wo man bald begann, eine prächtige Grabkirche für ihn zu bauen – geschahen Dutzende von Wundern.

Am 30. Mai 1232, elf Monate nach seinem Tod, wurde der Portugiese, der zum Italiener geworden war, heilig gesprochen. Bei einer Erhebung seiner Gebeine 1981 fand man einen Wulst an den Schienbeinen – vom vielen Knien –, besonders gut entwickelte Beinknochen – vom jahrelangen Wandern –, vor allem aber den komplett erhaltenen Stimmapparat, der neben der unverwesten Zunge Zeugnis von der eigentlichen Berufung des Franziskaners ablegt. Bis heute wird Antonius in vielen Anliegen angerufen, als Wiederbringer verlorener Sachen, eines verlorenen Glaubens, aber auch untreuer Ehegatten, als Patron für Reisende, Partnervermittler und als Schutzheiliger der Korrespondenz. Nicht nur in der ihm geweihten Franziskaner-Kirche in der Istanbuler Altstadt, Sent Antuan Kilesesi, blüht seit langem die Verehrung dieses vielbeschäftigten Heiligen durch Muslime; aus Sarajewo wird berichtet, dass sogar ein Imam Kerzen zu Ehren des Franziskaners anzünden lässt und bekennt, dass er immer wieder Hilfe von ihm erhalte.

Das ansprechend aufgemachte Buch von Gottfried Egger, das auch eine komplette Übersicht über das umfangreiche, mit Antonius verbundene Brauchtum und den Schatz der ihm gewidmeten Gebete und Hymnen enthält, kann dazu beitragen, dass auch in unserem Sprachraum das Andenken an diesen wahren Jünger Christi und des Poverello aus Assisi bewahrt wird.

Gottfried Egger: Heiliger Antonius von Padua Verlag Media Maria, Illertissen, 2013, 192 Seiten, ISBN 978-3-9815698-6-5, EUR 16,95

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