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Die Kirche und die Seele sind keine Markthallen

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters beim Angelus am 4. März.
Pope Francis' general audience
Foto: Giorgio Onorati (ANSA) | Papst Franziskus.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Das heutige Evangelium legt uns in der Version des Johannes die Episode vor, in der Jesus die Händler aus dem Tempel von Jerusalem vertreibt (vgl. Joh 2,13-25). Um dies zu tun, bediente er sich einer Geißel aus Stricken, stieß die Tische um und sagte: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“ (V. 16). Dieses entschlossene Handeln kurz vor dem Paschafest rief in der Menge großen Eindruck hervor sowie die Feindseligkeit der religiösen Autoritäten und derjenigen, die sich in ihren wirtschaftlichen Interessen bedroht sahen. Doch wie müssen wir es interpretieren? Gewiss war es keine gewaltsame Handlung, denn sie hat nicht das Einschreiten der Hüter der öffentlichen Ordnung, der Polizei, herbeigeführt. Nein! Doch sie wurde wie eine Handlung verstanden, die typisch für die Propheten war, die oft im Namen Gottes Missbrauch und Ausschreitungen anklagten. Die Frage, die sich stellte, war die der Vollmacht. In der Tat fragten die Juden Jesus: „Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst?“ (V. 18), das heißt, welche Vollmacht hast du, um diese Dinge zu tun? Als ob sie um den Beweis gebeten hätten, dass er wirklich im Namen Gottes handelte.

Um diese Geste Jesu, das Haus Gottes zu säubern, zu interpretieren, bedienten sich seine Jünger eines biblischen Textes aus Psalm 69: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich“ (V. 17); so heißt es im Psalm: „Der Eifer für dein Haus verzehrt mich“. Dieser Psalm ist ein Hilferuf in einer Situation äußerster Gefahr aufgrund des Hasses der Feinde: die Situation, die Jesus in seinem Leiden erleben wird. Der Eifer für den Vater und für sein Haus wird ihn bis zum Kreuz führen: sein Eifer ist der Eifer der Liebe, die zum Selbstopfer führt, nicht jener falsche Eifer, der vorgibt, Gott durch die Anwendung von Gewalt zu dienen. In der Tat ist das „Zeichen“, das Jesus als Beweis für seine Vollmacht geben wird, sein Tod und seine Auferstehung: „Reißt diesen Tempel nieder – sagt er -, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (V. 19). Und der Evangelist bemerkt: „Er aber meinte den Tempel seines Leibes“ (V. 21). Mit dem Pascha Jesu beginnt der neue Kult, im neuen Tempel, der Kult der Liebe, und der neue Tempel ist Er selbst.

Die Haltung Jesu, die im heutigen Abschnitt aus dem Evangelium dargestellt wird, ruft uns dazu auf, unser Leben nicht auf der Suche nach unseren Vorteilen und Interessen zu leben, sondern zum Ruhme Gottes, der die Liebe ist. Wir sind aufgerufen, uns immer jene starken Worte Jesus zu vergegenwärtigen: „Macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!“ (V. 16). Es ist ganz schlimm, wenn die Kirche in jene Haltung abgleitet, aus dem Haus Gottes eine Markthalle zu machen. Diese Worte helfen uns, die Gefahr zurückzudrängen, auch aus unserer Seele, die die Wohnstatt Gottes ist, eine Markthalle zu machen, indem wir auf der ständigen Suche nach unserem Vorteil leben, statt in großherziger und solidarischer Liebe. Diese Lehre Jesu ist immer aktuell, nicht nur für die kirchlichen Gemeinschaften, sondern auch für die Einzelnen, für die zivilen Gemeinschaften und für die ganze Gesellschaft. Denn die Versuchung ist weit verbreitet, von guten, manchmal gebotenen Tätigkeiten zu profitieren, um private, wenn nicht sogar unrechtmäßige Interessen zu pflegen. Das ist eine ernste Gefahr, vor allem wenn Gott selbst und der ihm gebührende Kult oder der Dienst für den Menschen, das Abbild Gottes, instrumentalisiert werden. Daher hat Jesus bei jenem Mal eine ein wenig „robuste Manier“ angewendet, um uns aus dieser tödlichen Gefahr aufzurütteln.
Die Jungfrau Maria stehe uns in unserem Bemühen bei, die Fastenzeit zu einer guten Gelegenheit zu machen, um Gott als den einzigen Herren unseres Lebens zu erkennen, indem sie unsere Herzen und unsere Werke von jeder Form von Idolatrie befreie.
 

Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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