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Die Kirche ist unsere Mutter

Im Wortlaut die Ansprache des Heiligen Vaters während der Generalaudienz vom 9. Mai.
Papst Franziskus begrüßt die Menschen während der Generalaudienz auf dem Petersplatz
Foto: Paul Haring (KNA) | Papst Franziskus begrüßt die Menschen während der Generalaudienz auf dem Petersplatz im Vatikan am 31. Mai 2017.

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Die Katechese über das Sakrament der Taufe lässt uns heute über das von der Anrufung der allerheiligsten Dreifaltigkeit begleitete Übergießen mit Wasser sprechen, also den zentralen Ritus, der wirklich „tauft“, das heißt in das Pascha-Mysterium Christi eintaucht (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 1239). Der heilige Paulus ruft den Christen von Rom die Bedeutung dieser Geste in Erinnerung, indem er zunächst die Frage stellt: „Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind?“, und dann antwortet: „Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm 6,3-4). Die Taufe öffnet uns die Tür zu einem Leben der Auferstehung, nicht zu einem weltlichen Leben. Sie öffnet uns die Tür zu einem Leben nach Jesus.

Der Taufbrunnen ist der Ort, an dem Ostern mit Christus geschieht! Der alte Mensch mit seinen trügerischen Leidenschaften wird abgelegt (vgl. Eph 4,22), damit ein neues Geschöpf geboren werde; das Alte ist vergangen und Neues wird geboren (vgl. 2 Kor 5,17). In den „Katechesen“, die dem heiligen Cyrill von Jerusalem zugeschrieben werden, wird den Neugetauften auf folgende Weise erklärt, was ihnen im Wasser der Taufe widerfahren ist. Diese Erklärung des heiligen Cyrill ist sehr schön: „Im gleichen Augenblick starbt ihr und wurdet ihr geboren; jenes heilsame Wasser wurde für euch zugleich Grab und Mutter“ (II. Mystagogische Katechese, 4). Die Wiedergeburt des neuen Menschen erfordert, das der von der Sünde verdorbene Mensch vernichtet wird. Die Bilder des Grabes und der Mutter, die für das Taufbecken verwendet werden, bringen auf markante Weise das Große zum Ausdruck, das durch die einfachen Gesten der Taufe erfolgt. Ich möchte gerne eine Inschrift zitieren, die sich auf dem alten römischen Baptisterium im Lateran befindet. Hier ist - in lateinischer Sprache – folgendes Wort zu lesen, das Papst Sixtus III. zugeschrieben wird: „Die Mutter Kirche bringt durch das Wasser auf jungfräuliche Weise die Kinder hervor, die sie durch den Atemhauch Gottes empfangen hat. Hofft auf das Himmelreich, ihr, die ihr durch diesen Taufbrunnen neu geboren seid“. [„Virgineo fetu genitrix Ecclesia natos / quos spirante Deo concipit amne parit. / Caelorum regnum sperate hoc fonte renati.“] Das ist schön: die Kirche, aus der wir neu geboren werden, die Kirche, die wie ein Schoß ist, ist durch die Taufe unsere Mutter.

Wie unsere Eltern uns zu unserem irdischen Leben geboren haben, so hat uns die Kirche in der Taufe zum ewigen Leben wiedergeboren. In ihrem Sohn Jesus sind wir Kinder geworden (vgl. Röm 8,15; Gal 4,5-7). Auch über jedem von uns, die wir durch das Wasser und den Heiligen Geist wiedergeboren wurden, lässt der himmlische Vater mit unendlicher Liebe seine Stimme erklingen und sagt: „Das ist mein geliebter Sohn“ (Mt 3,17). Diese väterliche Stimme, die für die Ohren nicht wahrnehmbar, aber für das Herz dessen, der glaubt, deutlich hörbar ist, begleitet uns das ganze Leben, ohne uns je im Stich zu lassen. Im Laufe unseres ganzen Lebens sagt der Vater zu uns: „Du bist mein geliebter Sohn, du bist meine geliebte Tochter“. Gott liebt uns sehr, wie ein Vater, und er lässt uns nicht allein. Und das vom Moment der Taufe an. Wenn wir als Kinder Gottes wiedergeboren werden, werden wir dies für immer sein! So wird die Taufe nicht wiederholt, weil sie mit einem unauslöschlichen geistlichen Siegel prägt: „Dieses Zeichen wird durch keine Sünde ausgelöscht, selbst wenn die Sünde die Taufe daran hindert, Früchte des Heils zu tragen“ (Katechismus der Katholischen Kirche, 1272). Das Siegel der Taufe kann man nie verlieren! „Pater, aber wenn einer ein Bandit wird, einer von diesen berüchtigten, einer von denen, die Leute umbringen, die Unrecht begehen, geht das Siegel dann weg?“. Nein. Das Kind Gottes, das dieser Mann ist, macht das zu seiner eigenen Schande, doch das Siegel bleibt. Dieser Mann bleibt weiterhin ein Kind Gottes, auch wenn er sich gegen Gott wendet, aber Gott verleugnet seine Kinder nie. Habt Ihr Letzteres verstanden? Gott verleugnet seine Kinder nie. Wollen wir das alle zusammen wiederholen? „Gott verleugnet seine Kinder nie“. Ein bisschen lauter, denn ich höre schlecht und habe das nicht verstanden: [alle wiederholen lauter] „Gott verleugnet seine Kinder nie“. Ja, so ist es gut.

Durch die Taufe in Christus eingegliedert, werden die Getauften Ihm, dem „Erstgeborenen von vielen Brüdern“ (vgl. Röm 8,29), also gleichgestaltet. Durch das Wirken des Heiligen Geistes reinigt, heiligt, rechtfertigt die Taufe, um in Christus aus den Vielen einen Leib zu formen (vgl. 1 Kor 6,11; 12,13).
Das bringt die Chrisam-Salbung zum Ausdruck, „die auf das königliche Priestertum des Getauften und seine Zugehörigkeit zum Volke Gottes hinweist“ (Die Feier der Kindertaufe, 18,3). Der Priester salbt daher das Haupt jedes Täuflings mit Chrisam, nachdem er folgende Worte gesprochen hat, die die Bedeutung dieser Geste zum Ausdruck bringen: „Aufgenommen in das Volk Gottes werdet ihr nun mit dem heiligen Chrisam gesalbt, damit ihr für immer Glieder Christi bleibt, der Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit“ (ebd., 108).

Brüder und Schwestern, hier findet sich die ganze christliche Berufung: vereint mit Christus in der heiligen Kirche leben, Teilhaber derselben Weihe, um in dieser Welt denselben Auftrag zu erfüllen und Früchte zu bringen, die für immer währen. Beseelt durch den einen Geist, hat das ganze Volk Gottes an den Ämtern Jesu Christi - „Priester, König und Prophet“ -  teil, und ist verantwortlich für die Sendung und den Dienst, die sich daraus ergeben (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 783-786). Was bedeutet die Teilhabe am königlichen und prophetischen Priestertum Christi? Es bedeutet, sich selbst als Gott gefälliges Opfer darzubringen (vgl. Röm 12,1) und durch ein Leben des Glaubens und der Liebe Zeugnis für Ihn abzulegen (vgl. Lumen gentium, 12), indem man es, dem Beispiel Jesu, des Herrn, folgend, in den Dienst des Nächsten stellt (vgl. Mt 20,25-2; Joh 13,13-17). Danke.

Ein Sprecher verlas folgenden Gruß des Papstes an die Besucher aus dem deutschen Sprachraum:
Mit Freude heiße ich die Pilger deutscher Sprache willkommen. Insbesondere grüße ich die Grabesritter der Komturei St. Hildegard und die Schwestern vom Göttlichen Erlöser, die ihr fünfundzwanzigjähriges Professjubiläum feiern. Als Getaufte sind wir wiedergeboren zu einem neuen Leben in Christus und berufen, seine Sendung weiterzuführen, indem wir seine Liebe und sein Evangelium zu unseren Mitmenschen bringen. Von Herzen segne ich euch alle.

Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller

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