In der Debatte über die Analyse des emeritierten Papstes Benedikt XVI. zu den tieferen Gründen des Missbrauchsskandals hat sich nun der Ratzinger-Preisträger und Abt des Stiftes Heiligenkreuz, Maximilian Heim, zu Wort gemeldet und Kritik an Benedikt XVI. als unangemessen zurückgewiesen. Anlass der Wortmeldung, die in Form eines Aufsatzes von Heim und dem Forschungsdekan der Hochschule Heiligenkreuz, Wolfgang Klausnitzer, veröffentlicht wurde, war eine Kritik an Benedikt durch die evangelische Theologin Ellen Ueberschär in der aktuellen Ausgabe der "Herder Korrespondenz".
Kritik an Benedikt "klischeehafte" Verkürzung
Auf deren Vorwürfe reagieren Heim und Klausnitzer mit einer Analyse der zentralen, von Ueberschär verwendeten Begriffe "Reformunfähgkeit", "Antiaufklärerisch" und "Inhuman", die sie vehement und als "klischeehafte" Verkürzung zurückweisen. Wer Benedikt XVI. "Reformunfähigkeit" unterstelle, unterschlage nicht nur den Einsatz Joseph Ratzingers für das Zweite Vatikanische Konzil, sondern auch die von ihm immer wieder ins Spiel gebrachte "Hermeneutik der Reform", in der die Kirche seither stehe.
Die Theologie Ratzingers als "inhuman" zu titulieren werde der Sache nicht gerecht, insofern gerade Joseph Ratzinger immer wieder auf das einander korrigierende Zusammenspiel von Glaube und Vernunft hingewiesen habe, bewusst im Blick auf Totalitarismen und Inhumanitäten. Auch der Vorwurf einer "antiaufklärerischen" Theologie gehe ins Leere, ist es doch gerade Ratzinger, der immer wieder "vor einer neuen Versklavung durch eine positivistische Vernunft" warnt.
Verteidigung der Position Benedikts zum Missbrauchsskandal
Der Aufsatz mündet in eine Verteidigung der Position Benedikts XVI. zum Missbrauchsskandal: So schreiben Abt Maximilian Heim und Klausnitzer, dass die Missbrauchskatastrophe in der Kirche "vielleicht darin ihren tiefsten Grund hat, dass die Ehrfurcht vor Gott und vor jedem Menschen als Ebenbild Gottes in unserer säkularen Gesellschaft und in einer verweltlichten Kirche verschwunden ist". Diese Achtung wieder neu zu gewinnen sei "die prophetische Aufgabe einer Kirche, die dem Wort des Herrn treu bleibt, 'Sauerteig' zu sein", so Heim und Klausnitzer abschließend.
DT/sba/KAP
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