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Der selige Giovanni Battista Scalabrini

Der selige Giovanni Battista Scalabrini. Von Claudia Kock
Selige Giovanni Battista Scalabrini

Das 19. und beginnende 20. Jahrhundert war die Zeit der großen Migrationswelle in die Vereinigten Staaten von Amerika. Von 1820, dem Jahr, in dem die offizielle Registrierung der Einwanderer begann, bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 verließen über 30 Millionen Menschen Europa, um in der Neuen Welt bessere Lebensbedingungen und eine Zukunft zu suchen. Die meisten flohen vor Hunger, Elend und Armut, und viele brauchten lange, oft mehr als eine Generation, um in der neuen Heimat Fuß zu fassen und eine stabile Existenz aufzubauen.

Mit ihnen wanderten auch Priester und Ordensleute aus, zur Seelsorge an den katholischen Migranten und zur Gründung von Pfarrgemeinden und Diözesen. Einer, der sich der Migranten besonders annahm, war der Bischof von Piacenza, Giovanni Battista Scalabrini, den Papst Johannes Paul II. 1997 im Rahmen seiner Seligsprechung als „Vater der Migranten“ bezeichnete. Sein Gedenktag ist der 1. Juni.

Das Leben von Giovanni Battista Scalabrini

Giovanni Battista Scalabrini wurde am 8. Juli 1839 als Sohn eines Weinhändlers in der kleinen norditalienischen Stadt Fino Mornasco unweit des Comer Sees geboren. Er wurde 1863 zum Priester geweiht und lehrte zunächst am Priesterseminar von Como, bevor er in derselben Stadt eine Pfarrei übernahm und schließlich mit nur 36 Jahren zum Bischof von Piacenza geweiht wurde. Von Anfang an war er der sozialen Frage zugewandt und kümmerte sich um die katechetische Unterweisung der Gläubigen; Papst Pius IX. nannte ihn den „Apostel des Katechismus“.

Auch in Piacenza machte sich das Migrationsphänomen bemerkbar durch die zunehmende Abwanderung von Menschen nach Amerika, aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage, die viele vor die Alternative stellte: „stehlen oder auswandern“. Dann hatte Scalabrini ein Schlüsselerlebnis, durch das er seine Aufmerksamkeit ganz den Migranten zuwandte. Er notierte in sein Tagebuch: 

„In Mailand wurde ich Zeuge einer Szene, die in meinem Herzen tiefe Traurigkeit hinterließ. Auf dem Bahnhof sah ich bei der Durchreise die große Halle, die angrenzenden Säulenhallen und die daran anschließende Piazza gefüllt mit drei- bis viertausend ärmlich gekleideten Individuen, in verschiedenen Gruppen. Ihre sonnengegerbten und von der Entbehrung zerfurchten Gesichter strahlten den inneren Aufruhr der Gefühle aus, die in jenem Augenblick ihr Herz erfüllten. Greise, tief gebeugt vom Alter und von der Mühsal, Männer in der Blüte ihrer Kraft, Frauen, die Kinder hinter sich herzogen oder um den Hals trugen, Jungen und Mädchen, alle von einem einzigen Gedanken verbrüdert und auf ein einziges Ziel ausgerichtet. Es waren Auswanderer.“

Die Gründung der Scalabrini-Missionare

Um die Seelsorge der Auswanderer zu gewährleisten, gründete Scalabrini 1887 die „Missionare vom heiligen Karl Borromäus“, die heute als „Scalabrini-Missionare“ bekannt sind. Hinzu kam, gemeinsam mit der seligen Clelia Merloni, die Gründung eines entsprechenden Frauenordens sowie einer italienischen Abteilung des Raphaelvereins zur Unterstützung der Migranten. Scalabrini selbst reiste 1901 nach Amerika, um sich von der Situation der Auswanderer ein Bild zu machen, und wurde vom Präsidenten Roosevelt empfangen. Drei Jahre später fuhr er erneut über den Atlantik, um die italienischen Auswanderergemeinden in Brasilien zu besuchen.

1905 machte Scalabrini beim Heiligen Stuhl den Vorschlag, eine zentrale Stelle für die Belange der Auswanderer zu errichten. So entstand eine Kommission, aus der später der „Päpstliche Rat der Seelsorge für die Migranten und Menschen unterwegs“ hervorging, der seit 2017 Teil des „Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ ist. Zu diesem gehört eine „Abteilung für Migranten und Flüchtlinge“, die sich der Arbeit mit Flüchtlingen und Opfern von Menschenhandel in aller Welt widmet, die auch das heutige Aufgabengebiet der Scalabrini-Missionare darstellt.

Wenige Monate später, am 1. Juni 1905, dem Hochfest Christi Himmelfahrt, starb Giovanni Battista Scalabrini nach schwerer Krankheit in seinem Bischofssitz in Piacenza.

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