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Moderne christliche Musik in den USA: Ein Millionengeschäft

Moderne christliche Musik ist in den USA heute ein Millionengeschäft – es dient der Verkündigung.
Sängerin Sarah Hart
Foto: Website | Schöne Begegnung mit dem Papst: Sängerin Sarah Hart.

Wer es geschafft hat, vor Papst Franziskus und 150 000 Zuhörern auf dem Petersplatz in Rom aufzutreten, sei ein gemachter Star, würden wir annehmen. Sarah Hart aus Nashville Tennessee sang da am Abend des 26. Oktobers 2013 ihr Lied für den Papst - und für die dicht gedrängten Gläubigen aus aller Welt, die zum Familientreffen des „Jahr des Glaubens“ nach Rom gekommen waren.

Aber Sarah Hart, Katholikin, Sängerin und Komponistin eines Musicals über die Heilige Bernadette ist gegenwärtig zwar auf allen Kanälen sehr aktiv, gehört im Moment aber nicht zu den angesagtesten Superstars der neuen „Christian Music“. Den Platz haben diesen Sommer die Gospelsängerin Lauren Daigle aus Lafayette Louisiana oder der Rocker Crowder, eigentlich David Crowder, ein 49jähriger Sänger und Multiinstrumentalist aus Texas inne.

Christliche Hitparade

Moderne christliche Musik ist in den USA heute ein Millionengeschäft. Die kurz „CCM“ – abgekürzt für Contemporary Christian Music – genannte Sparte ist landauf und ab von der Ostküste bis an die Westküste in der Bevölkerung ein Begriff und erfreut sich großer Beliebtheit. In jeder Stadt und in allen Regionen finden sich Radiosender, welche ausschließlich Titel eben dieser Musikrichtung im Programm haben. CCM hat eine eigene Hitparade, die „Billboard Hot Christian Songs“.

Christen wollen CDs

Konzerte von christlichen MusicStars füllen riesige Hallen – und sie verzeichnen trotz Musik-Streaming erstaunlich hohe CD-Verkäufe. Die Musikindustrie ist sonst gegenwärtig im Umbruch. Die Musikangebote werden nun vor allem per Streaming Audio, also per elektronische Übertragung auf Computer und andere Endgeräten mit Internetanbindung konsumiert. Anders als früher bei Vinyl und auf CD oder MP3 besitzen die Hörer die Musik nicht, sondern mieten sie sozusagen. Aber gerade bei der christlichen Musik scheinen die Fans immer noch die silbernen Scheiben zu mögen. Sie wollen ganz offenbar von ihren Künstlern noch etwas „in der Hand“ und zu eigen haben – und nicht bloß ab und an mal ein Lied abspielen.

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Die Sparte ist überaus vielseitig; da sind Schwarze Gospelchöre zu finden, christlicher Bluegrass-Country, Weisser Southern Gospel, Retro Christian Alternative, CCM- Rock oder auch CCM-Hip-Hop. Die Hymne „How Great Thou Art“ (Du grosser Gott), vom Schweden Carl Boberg 1885 unter Verwendung einer alten, lokalen Volksweise geschrieben, feiert momentan ungeahnte Erfolge. Der Live-Auftritt von Lauren Daigle mit diesem Lied in einer riesigen Halle in Houston Texas – auf YouTube festgehalten und innerhalb weniger Monate sechseinhalb Millionen Mal angeklickt – vermittelt eindrücklich die religiöser Inbrunst und die Gefühlsausbrüche im vieltausend-köpfigen Publikum, das Wort für Wort mitsingen kann.

Religiöse Verzücktheit bei Hymnen

So ein Überwältigt-werden und eine solche religiöse Verzücktheit bei Hymnen sind jedoch keineswegs eine Erscheinung erst unserer Zeit. Es gab sie – verbürgterweise – schon vor fast 1700 Jahren. Im Mailand des Jahres 385 nach Christus lernte der spätere Kirchenvater Augustinus, aus Nordafrika kommend, die christliche Gemeinde von Bischof Ambrosius kennen – und hörte da erstmals Gesänge und Hymnen in einem Gottesdienst. Und diese Erfahrung der Musik spielte eine entscheidende Rolle für Augustinus christliche Prägung.

Soeben macht in der Sparte eine Gesangsgruppe aus dem ländlichen Indiana im Mittelwesten, bestehend aus vier jungen Burschen Furore, die sich Redeemed Quartet nennt. Genau genommen sind es zwei mal zwei Brüder, harmoniesingend, die für Aussenstehende verblüffen nach dem „Golden Gate Quartet“ tönen. „Just A Little Talk With Jesus“ – ein kleines Gespräch mit Jesus – ist ihr aktueller Erfolg. Der Grund, dass sie im Teenageralter als Hobbysänger das große Publikum suchten, begründen sie mit einem Bibelzitat. Bei Matthäus 5.15 stehe: „Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern stellt es auf einen Leuchter, so leuchtet es all denen, die im Hause sind.“

„Jesus happened“

Überhaupt tönen die Motivationen der Christlichen Sänger und Musiker meist ähnlich: Sie hätten überraschend und unerwartet zum Erlöser gefunden. „Jesus happened“ wie die Sängerin Baylor Wilson aktuell begründet und singt: „Jesus geschah einfach“. Und die Künstler wollen nun ihr Erlebnis weitertragen und anderen Menschen in schwierigen Lebensumständen mit ihrer Musik Aufmunterung und Stütze bieten.

Amerikas erfolgreiche Hymnen-Singer sind nur zum kleinen Teil römisch-katholischen Bekenntnisses. Mehr als ein Viertel der US-Amerikaner sind evangelikale Protestanten, aufgeteilt in verschiedene Bekenntnisse: Presbyterianern, Baptisten, Methodisten, Lutheranern - oder Pfingstlerische Evangelikale. Es fällt auf, dass eine Mehrheit der erfolgreichen christlichen MusicStars Baptisten sind.

So schafften es zum Beispiel vor einem Jahrzehnt die ein Millionenpublikum begeisternden Baptisten-Sängerin Amy Grant oder die Gruppe Big Daddy Weave auch in die regulären amerikanische Hitparade, genauso wie es heute auch Carrie Underwood, Lauren Daigle oder Vince Gill tun. Keine Berührungsängste zu christlichen Hymnen kennt auch Superstar Willie Nelson: Er schrieb selbst solche religiösen Lieder wie „Family Bible“.

Auftritt vor dem Papst

Kehren wir noch einmal zurück zur katholischen Liederschreiberin Sarah Hart, der ihr Song „Better Than a Hallelujah“ einst eine Grammy Nomination für den „Best Gospel Song“ einbrachte. Wie war das damals, vor dem Papst in Rom aufzutreten? Das wollte die kirchlichen Nachrichtenagentur Catholic Digest von ihr wissen.

„Es war unglaublich, tiefgreifend und überwältigend“, sagte Sarah Hart. „Ich stand auf und sang mein Lied, während der Heilige Vater etwa 20 Fuß (sechs Meter) entfernt sass. Ich war mir nicht sicher, ob ich anschließend die Gelegenheit haben würde, ihm persönlich zu begegnen. Doch als die Veranstaltung zu Ende ging, tippte mir ein Mann auf die Schulter und sagte: ,Folgen sie mir; sie können Papst Franziskus treffen.‘ Bevor ich mich versah, war ich schon neben ein paar Personen am Anstehen für die Audienz und ich versuchte, mich darauf vorzubereiten, den Papst zu treffen. Etikette ist halt nicht so meine Stärke, also war ich mir nicht sicher, was ich tun sollte. Als ich vorgestellt wurde und Papst Franziskus gegenüberstand riss ich meine Arme weit auf, rief ,Papa!‘ - und umarmte ihn herzlichst.

Alle Leute um uns herum lachten, obwohl ich glaube, dass die Sicherheitsleute nicht allzu amüsiert war. Papst Franziskus grinste von Ohr zu Ohr, also wusste ich, dass alles gut war. Als ich ihn dann aus dieser Umarmung losließ, fühlte ich mich allerdings etwas beschämt: Weil ich bemerkte, dass seine weiße Robe an der Schulter einen Fleck von meiner schwarzer Wimperntusche abbekommen hatte.“

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