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Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin: Der Umbau wird konkret

Die Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin steht vor ihrem größten Umbau seit 60 Jahren.
Der Glanz von Berlin: Kuppel der St.Hedwig Kathedrale
Foto: OG | Der Glanz von Berlin: Alle reden von den Renovierungsarbeiten im Innern von St. Hedwig, doch auch das charakteristische Kathedraldach wird saniert.OG

Schon seit September 2018 ist die Sankt-Hedwigs-Kathedrale, die Bischofskirche des Erzbistums Berlin, geschlossen. Bisher war das von außen kaum zu bemerken, doch seit ein paar Wochen ragt ein riesiges Gerüst bis hinauf zur Kuppel. Denn neben der geplanten umfangreichen Umgestaltung des Innenraums wird aktuell auch das charakteristische Kathedraldach saniert, das in seiner Kuppelform dem römischen Pantheon nachempfunden ist.

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Doch im Gegensatz zum Inneren wird die Kuppel nach ihrem Umbau genauso aussehen wie vorher, wie Stefan Förner, Pressesprecher des Erzbistums Berlin, im Gespräch mit der „Tagespost“ explizit betont. Während hier optisch alles beim Alten bleiben soll, hat die Innenausstattung bereits für viel Ärger und Diskussionen gesorgt. Erst Mitte Juli ist eine Urheberrechtsklage vor dem Landgericht Berlin gescheitert, mit der der Erbe des Architekten Hans Schwippert, der Anfang der 60er Jahre der Kirche im Inneren ein neues Aussehen gab, zusammen mit weiteren Klägern den Umbau in letzter Minute verhindern wollte.

Ab April 2021 soll die Kuppel wieder glänzen

Dass nicht nur im Kircheninneren, sondern nun auch an den Kuppeln gebaut wird, ist nach Aussage des Erzdiozösen deren Alter geschuldet. „Die Fugen zwischen den Stahlbetonelementen haben keine Abdichtung mehr“, erklärt die Archiktektin Elena Cenci. Sie ist beim Erzbischöflichen Ordinariat als Assistentin der Projektleitung „Sankt Hedwig Mitte“ tätig und steht dem Dompropst als Fachfrau zur Seite. Aus dem Innenraum der Kirche ist jahrelang warme Luft entwichen. Das Kondenswasser hat die Dämmung und die Holzkonstruktion derart beschädigt, dass bis auf die Betonhülle alle Schichten augetauscht werden müssen. Auch die Kupferbleche sind nicht mehr zu retten, wie Elena Cenci erläutert. „Die Bleche haben Falzkanten, die beim Entfernen brechen.“

Damit der äußere Eindruck erhalten bleibt, werden die Kupferbleche im Labor „auf alt gemacht“. Das heißt, sie haben von Anfang an die grüne Farbe, die normalerweise erst nach vielen Jahren durch Korrosion entsteht. „Die Luft ist einfach heute viel besser als früher“, erklärt die Archiktektin. „Es dauert daher geschätzt 30 bis 40 Jahre, bis das charakteristische Grün entsteht.“ Im Gegensatz zur Innenraumgestaltung brauchte die Erzdiözese für die Kuppelsanierung keinen Bauantrag zu stellen, lediglich das Berliner Landesdenkmalamt musste sein OK geben. Im März begannen die ersten Arbeiten, spätestens im April kommenden Jahres soll dann die Kuppel mit dem großen Kreuz wieder in neuem, altem Glanz erstrahlen.

Das Kuppelkreuz soll nicht verschwinden

Die Initiative „Freunde der Hedwigskathedrale“, die seit Jahren vehement und mit heftiger Kritik die Umbaupläne bekämpft, überzeugt diese Erklärungen nicht. „Das charakteristische Kuppelkreuz von Fritz Kühn und die Gestaltung der Kuppelöffnung (Opaion) sollen nach den Umbauplänen verschwinden“, schreibt Werner Kohl, Sprecher der Initiative, in einer Stellungnahme zur Online-Version dieses Artikels. Auch verweist er auf ein Schreiben des Berliner Bezirksamtes Mitte vom 27. Juli 2020, in dem die „Dachneueindeckung“ als Bestandteil der Baugenehmigung für den Umbau des Innenraums bezeichnet wird. Bistumssprecher Stefan Förner bleibt allerdings bei seiner Darstellung, dass die Sanierung keiner Baugenehmigung bedurfte. Auch ein Kuppelkreuz werde es wieder geben, das Opaion werde tatsächlich anders aussehen als bisher. Von einer „Veränderung der Kuppelsilhouette“, wie die „Freunde der Hedwigskathedrale“ behaupten, könne „nicht die Rede sein“.

Wenn die Kuppelsanierung nach Plan läuft, soll etwa zum Zeitpunkt der Fertigstellung die Baustelle in den Innenraum wandern. Für das Frühjahr 2021 sind erste Arbeiten im Kircheninneren vorgesehen, bei denen Schadstoffe beseitigt werden sollen. Dann erst soll es richtig losgehen mit der Umgestaltung, mit der sich das Gesicht der Kathedrale im Inneren nahezu völlig verändern wird. Jahrelang ist um den Umbau gerungen worden, wiederholt wurde versucht, ihn auf dem Gerichtsweg zu verhindern. Bisher ohne Erfolg – das Erzdiozösen hat am 29. Juli die ersehnte Baugenehmigung vom Bezirksamt Mitte erhalten.

Streit um das Urheberrecht

Die Urheberrechtsklage der Künstler-Erben, die nun ohnehin abgewiesen wurde, hätte hier ohnehin keine aufschiebende Wirkung gehabt, weil Bau- und Urheberrecht zwei verschiedene Bereiche sind. Stein des Anstoßes ist insbesondere die Bodenöffnung zur Unterkirche, die bei der Renovierung geschlossen werden soll. Unmittelbar vor dem Altarbereich, der seinerzeit weg von der Wand in Richtung Raummitte hinein auf eine kleine Insel vorgezogen wurde, befand sich bisher die große Öffnung – für manche auch das „Loch“ – sodass der Altarraum weit von den Bankreihen entfernt war. Vielfach wurde diese Lösung als nicht befriedigend empfunden.

Den Anstoß für den weitreichenden Eingriff gab vor sieben Jahren der damalige Berliner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, der mittlerweile nach Köln gewechselt hat. Im November 2013 schrieb er einen Architektenwettbewerb aus. Liturgische und theologische Entwicklungen durch das Zweite Vatikanische Konzil machten eine Neugestaltung der Bischofskirche erforderlich, so seine Überzeugung. Die Pläne des Architekturbüros Sichau & Walter Architekten GmbH sowie Leo Zogmayer, die ein Jahr später von einem Preisgericht zum Siegerentwurf gekürt wurden, sehen eine völlige Schließung der Öffnung zur Unterkirche vor. Sie rücken den Altar in die Mitte des Kirchenraums, direkt unter die Kuppel. Die Sitzreihen sind kreisrund um den Altar angeordnet. Zudem wird die bisherige Sakristei zur Sakramentskapelle, und auch die Krypta in der Unterkirche wird neu gestaltet.

Allerheiligen 2023 wird die Kirche 250 Jahre alt

Es blieb Woelkis Nachfolger, dem heutigen Erzbischof Heiner Koch, vorbehalten, den Siegerentwurf durchzusetzen und den Umbau auf den Weg zu bringen. Die Kritik ließ jedoch keineswegs nach. Der Berliner Kunsthistoriker Professor Adrian von Buttlar, langjähriger Vorsitzender des Landesdenkmalrats Berlin und des Wissenschaftlichen Beirates der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, verfasste gar einen offenen Brief an den Erzbischof, in der er sich vehement für einen Erhalt des Schwippertschen Innenraums einsetzte, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit west- und ostdeutscher Künstler, die im damals geteilten Bistum gemeinsam an der Kathedrale gewirkt haben.

Doch die Proteste blieben erfolglos. Nach Zustimmung der diözesanen Gremien verkündete Erzbischof Koch an Allerheiligen 2016 in einem Hirtenbrief die Entscheidung für den Siegerentwurf. Die Kritiker gaben weiter nicht klein bei, die am Schwippert-Bau beteiligten Künstler oder deren Erben zogen vor Gericht. Bereits Anfang 2019 wies das Verwaltungsgericht eine denkmalschutzrechtliche Klage wegen Unzulässigkeit ab – das Denkmalrecht sei nicht „drittschützend“, urteilten die Richter. Stattdessen zogen die Kläger vor das Berliner Landgericht, strebten eine Urheberrechtsklage an.

Für drei Jahre bleibt die Kathedrale eine Großbaustelle

Nachdem diese nun auch abgewiesen wurde, scheint der Weg frei zu sein für das umstrittene Projekt. Und die Zeit drängt allmählich: Schon anderthalb Jahre lang ist die Hedwigskathedrale geschlossen. Seitdem fanden nach Aussage des Erzdiozösen vorbereitende Maßnahmen und Voruntersuchungen statt, ohne dass allerdings mit dem eigentlichen Umbau begonnen wurde. Stichtag für die Altarweihe ist Allerheiligen 2023. Dann wird die Kirche 250 Jahre alt, bis zu diesem Jubiläum muss alles fertig sein. Doch neben dem Kircheninneren soll zugleich auch das benachbarte Bernhard-Lichtenberg-Haus, Sitz des Dompfarramtes und zahlreicher disözesaner Einrichtungen, grundlegend saniert werden.

Nach der Renovierung will auch Erzbischof Koch hier seine Wohnung nehmen. Zuletzt hatte sein Vorvorgänger Kardinal Sterzinsky in dem Haus gewohnt. In den kommenden drei Jahren wird hier also eine Großbaustelle entstehen. Bis auf die Französische Straße hinaus werden die Gerüste reichen, die Büros im Lichtenberg-Haus werden nach und nach ausquartiert. Rund 60 Millionen Euro sind für die Gesamtmaßnahme vorgesehen, davon kommen rund ein Drittel jeweils vom Erzbistum Berlin sowie von Bund und Land. Gut zehn Millionen gibt die Bischofskonferenz hinzu, der Rest wird aus privaten und kirchlichen Spenden finanziert.

Ein lebendiger Ort der Begegnung

Ob nach diesem langen Weg die Sankt-Hedwigs-Kathedrale wirklich ein „lebendiger und einladender Ort für Begegnung, Gebet und die Feier unseres Glaubens“ sein wird, wie Bistumssprecher Stefan Förner als Reaktion auf die Abweisung der Urheberrechtsklage erklärte, wird sich erst noch zeigen müssen. Am Ende wird wohl entscheidend sein, ob Gläubige und Besucher den neu gestalteten Kirchenraum als ansprechend empfinden oder ob die Kritik an der Umgestaltung bleiben wird.

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