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Maria Wörth: Die sakrale Perle am Wörthersee

Im Advent kommen nur wenige Touristen nach Maria Wörth. Doch gerade dann lohnt sich ein Besuch des Wallfahrtsorts.
Wallfahrtsort Maria Wörth
Foto: Drouve

Ein eisiger Blauhimmel hängt über dem Wörthersee. Nahe dem Klagenfurter Ableger zur Adventsschifffahrt ducken sich Enten auf einem frostigen Steg in ihre Federkleider. Hinter den Ufern glitzert Reif auf den Wiesen. Perlen, millionenfach. Wer das Gewässer in Südösterreich, gerne apostrophiert als „Kärntens größte Badewanne“, mit Urlaubertrubel vom Sommer her kennt, erlebt jetzt ungewohnte Friedensstimmung.

Bis auf die Vögel badet hier niemand. Das Boot legt in Richtung Velden ab. Wind zieht auf und trägt den Eishauch vor dem Mund weg. Dick vermummt harren die Härteren an Bord aus, unter Deck ist es bullig warm. Nach dem Stopp in Krumpendorf navigiert Kapitän Kevin Paulie vom Nord- zum Südufer. Das Ziel: Maria Wörth, eines der ältesten und bekanntesten Wallfahrtsziele der Alpenrepublik, die sakrale Perle am Wörthersee. Voraus zeichnet sich das Kirchendoppel ab, darüber steigen Berghänge bis zum Aussichtsturm Pyramidenkogel auf. Die Steilflanken sorgen dafür, dass Maria Wörth extrem früh im Schatten liegt.

Mittelalterliches Missionszentrum

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Maria Wörth liegt auf einer Halbinsel, die bis 1770 eine richtige Insel war. Der Ursprung der ersten Kirche ist fast ein Jahrtausend älter. Abhängig vom Bistum Freising in Bayern, entstand hier ein Außenposten, um, wie es heißt, die heidnischen Karantanen im Gebiet des heutigen Kärnten zum Christentum zu bekehren. „In Maria Wörth wurde bereits um das Jahr 875 auf dem höchsten Plateau der Insel eine Marienkirche errichtet“, ist einer Infotafel zu entnehmen.

Unter Bischof Waldo wurden die Reliquien zweier Märtyrer aus römischer Zeit, Primus und Felicianus, von Rom nach Maria Wörth geschafft und in der Krypta feierlich beigesetzt. „Dadurch gelangte diese Kirche als Missionszentrum am Wörthersee bald zu hohem Ansehen und wurde zu einem besonderen Verehrungsmittelpunkt“, liest man weiter. Nach der Erhebung zur Propsteikirche entstand ganz in der Nähe ein zweites, kleineres Gotteshaus, das man „Winterkirche“ nannte, „weil die Jahrestage jener Heiligen, welche in ihr verehrt wurden, in den Winter fielen“. Die beiden romanischen Sakralbauten wurden Ende des 14. Jahrhunderts weitgehend Opfer einer Feuersbrunst und neu aufgebaut. Später bekam der vom Stil der Gotik geprägte Hauptwallfahrtsbau eine barocke Ausstattung.

Maria über Glühlampenkerzen

Klein, aber fein ist der Adventsmarkt unweit der Anlegestelle. In der Mitte flammt ein Feuer. Ein Stück oberhalb, auf dem Weg zur Hauptkirche, steht ein Münzautomat mit Grabkerzen – kurios. Auf dem Friedhof um die Kirche liegt frischer Schnee. Die Grabstätten tragen Kunstblumen, schmiedeeiserne Kreuze. Der Seespiegel liegt etwa zwanzig Meter tiefer, der Blick schweift auf die andere Uferseite mit dichtem Wald und ausgesprenkelten Häusern.

Im Glaskasten vor dem Kircheneingang hängt ein spiritueller Impuls aus: „Der Advent ist eine Zeit, in der wir das Innere und Verborgene tiefer zu erspüren suchen. Alles, was da ,drinnen‘ liegt, will bewusst gemacht werden. Was im Dunkel liegt, will ans Licht kommen.“ Im Kircheninnern fühlt man sich warm empfangen. Es riecht nach Kerzenwachs, am Aufgang zur Orgelempore haftet ein handgeschriebener Zettel: „Alles im Leben hat seine Zeit.“ Die Weiß- und Ockeranstriche der Wände und Strebepfeiler harmonieren mit den Goldtönen des Hochaltars, der die Blicke auf sich zieht.

Über Glühlampenkerzen im Zentrum thront Maria mit dem Kind. Das spätgotische Gnadenbild hebt sich vor einem leuchtend roten Vorhang ab. Zur Linken und Rechten Mariens blickt man auf Skulpturen von Primus und Felicianus, beide rauschebärtig. Und aufrecht stehend – so wie in ihrem Glauben. Ein Abgang bringt in die archaische Krypta, wo Blumengirlanden an den Gewölben aufgemalt sind.

Restaurierte, jahrhundertealte Wandmalereien

Dass sich zu dieser Jahreszeit nur wenige Wallfahrer und Touristen hier tummeln, darf man durchaus als Wohltat empfinden. Ein kurzer Weg bringt zur „Winterkirche“, die auch Rosenkranzkirche heißt und dem Typus mittelalterlicher Chorquadratkirchen entspricht. Die Zwiebelhaube des Turms ist barocker Bauart, das Portal steht offen. Der gedrungene Innenraum wirkt noch einladender als jener der großen Kirche.

Wertvoll sind die jahrhundertealten Wandmalereien, die umfänglich restauriert worden sind. Bildhauerische Arbeiten zeigen Luzia und Apollonia Seit' an Seit' in rot-grün-goldenen Gewändern, den heiligen Valentin in Bischofsornat, Nikolaus, eine Schmerzensmutter. Die Bänkchen bieten sich an, um die Schätze in aller Ruhe auf sich wirken zu lassen. Oder einer Lichtmeditation zu folgen, zu der eine Tafel neben einem Bildnis des heiligen Nepomuk animiert: „Hast du dich schon einmal in eine brennende Kerze hinein versenkt, in das Flackern und Leuchten des Lichtes? Hast du schon einmal die Wärme gespürt, die ein Kerzenlicht ausstrahlt, so dass es dir wohl wird und du dich geborgen fühlst und daheim?“

 

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Andreas Drouve Bischof Kirchen und Hauptorganisationen einzelner Religionen Kirchliche Bauwerke Kunst der Gotik

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