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Kloster Dalheim: Das Letzte Abendmahl in Westfalen

Im Kloster Dalheim residiert zurzeit eine Reproduktion von Leonardo da Vincis Meisterwerk. Das Kloster blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Und hat dem Besucher auch heute noch einiges zu bieten.
Kloster Dalheim: Nachbildung von  Leonardo da Vincis „Das letzte Abendmahl“.
Foto: LWL/Katharina Kruck | Eines der berühmtesten Werke Leonardo da Vincis ist als 1:1- Nachbildung im Kloster Dalheim zu besichtigen: „Das letzte Abendmahl“.

Im Umland von Paderborn finden sich derzeit viele Plakate mit der Aufschrift „Leonardo in Dalheim“. Natürlich ist der Meister selber nicht durch die Zeit gereist, um im südlichen Paderborner Land unserer Tage Station zu machen. Es ist allerdings eines seiner berühmtesten Werke als 1:1- Nachbildung im Kloster Dalheim zu besichtigen: „Das letzte Abendmahl“. Nicht nur für einen Besuch bei Leonardo, oder besser bei seinem Meisterwerk, auch zu anderen Anlässen lohnt der Weg in das frühere Augustinerkloster.

Kloster Dalheim
Foto: Lechtape

Südlich von Paderborn liegt der kleine Ort Dalheim, der zu Lichtenau gehört, in einer geradezu malerischen Landschaft. Der schnelle Weg nach Dalheim führt über die Autobahn, das Kloster ist an der Anschlussstelle Lichtenau an der A44 ausgeschildert. Der weitaus schönere Pfad führt durch Paderborn und von dort in Richtung Warburg über eine Landstraße, die in sanften Wellen hügelig in Richtung Lichtenau führt. Das Kloster liegt ein wenig verborgen. Die Straßen hinter Lichtenau werden immer einsamer. Die Landschaft bezaubert. Schilder weisen den Weg zum Kloster Dalheim. Im Gegensatz zu bayerischen und österreichischen Stiften, die oft weit sichtbar auf Bergen liegen, versteckt sich Dalheim etwas. Der Besucher steht bereits auf dem Parkplatz und vermag die weitreichende Anlage dennoch kaum zu erkennen. Ein Fußweg führt zum Eingang und erst dann zeigt sich dem Besucher die weitläufige Anlage wirklich in ihrer vollen Schönheit.

Bewegte Geschichte

Kloster Dalheim hat eine bewegte Geschichte hinter sich vom mittelalterlichen Frauenkloster der Anfangsjahre bis zum Denkmal und Museum für Klosterkultur des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in unseren Tagen. Seine Blüte erlebte das Kloster als Augustiner Chorherrenstift ab 1429. Die gotische Kirche zeugt vom spätmittelalterlichen Neubeginn. In besonderer Weise blühte das Kloster im Barock auf. Der Ehrenhof mit dem Klostergebäude zeugen noch heute von der einstigen barocken Pracht. Seine dunkelste Zeit hatte das Kloster als preußische Staatsdomäne. Aus der Kirche wurde ein Pferdestall. Die Chorherren wurden vertrieben. Schlimmer noch traf die Säkularisation die einfachen Leute, das Gesinde des Klosters. Viele davon arbeiteten schon gar nicht mehr für das Kloster, sie durften ihren Lebensabend im Kloster verbringen und wurden von den Chorherren unterhalten. Die Ausstellung über die Säkularisation ist als Dauerausstellung Bestandteil des heutigen Landesmuseums für Klosterkultur.

Hier zeigt sich recht schonungslos, welches Unheil die Säkularisation nicht nur in Dalheim angerichtet hat. Während die Mönche oft Glück hatte und als Weltpriester Anstellung fanden, waren Klosterfrauen gezwungen zu ihren Familien zurück zu gehen, die sie oft nur ungern aufnahmen. Die Arbeiter der Klöster fielen oft genug ins Elend. Die neuen weltlichen Herren hatten weder Verwendung noch Milde für die Arbeiter der Klöster. Das Gesinde wurde einfach verjagt, die Ausstellung berichtet über einzelne Schicksale. Die Kultur in allen Facetten prägt heute das Ambiente des ehemaligen Klosters. Wer übers Gelände oder durch die historischen Gebäude geht, kann die geistliche Atmosphäre noch ahnen. In Kirche und Klausurgebäude sind wesentliche Teile des Klosters museal nachgebaut. Man kann ein Chorgestühl sehen, in dem zwar nie gebetet wurde, welches jedoch die Namen der letzten Chorherren von Dalheim als Inschriften trägt. Man kann ein Refektorium sehen, in dem nie gegessen wurde. Einzelne Räume des Klosters sind nachgebildet und werden in ihrer Funktion für den klösterlichen Alltag beschrieben. Die Kirche wird als Ausstellungsraum genutzt.

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Leonardos Abendmahl

Hier findet der Besucher zur Zeit die Nachbildung des letzten Abendmahls von Leonardo da Vinci (1452–1519). Das letzte Mahl Jesu mit seinen Aposteln hat Leonardo in dem Moment eingefangen, als Jesus die schreckliche Botschaft verkündet: „Einer von euch wird mich verraten“ (Mt 26,21). Die ganze Gesellschaft gerät in Unruhe. Wer ist der Verräter? In Respekt einflößender Größe von 9x4,2 m hielt Leonardo diesen Augenblick im Refektorium des Klosters Santa Maria delle Grazie in Mailand fest.

„Das letzte Abendmahl“ zählt zu den Hauptwerken Leonardo da Vincis, das er von 1495 bis 1497 im Auftrag des Mailändischen Herzogs Ludovico I. Sforza malte. Bis zum 21. November diesen Jahres ist in der ehemaligen Klosterkirche das Gemälde als monumentale Reproduktion im 1:1- Maßstab originalgetreu zu sehen. Seit 1980 gehört das Werk zum UNESCO-Weltkulturerbe. Eine begleitende Ausstellung auf 360 Quadratmetern zeigt die Entstehungsgeschichte, Hinweise zur Komposition und Aspekte der Rezeption von Leonardos Meisterwerk. Dem Betrachter erschließt sich das Werk ganz neu und aus nie gekannter Nähe.

Hoffnung nach Corona

Kloster Dalheim lag, wie eigentlich alle Kulturbetriebe, in den vergangenen Monaten brach. Die Ausstellung des letzten Abendmahls ist für sich schon Grund zur Freude. Doch Kloster Dalheim hat noch mehr zu bieten. Der Dalheimer Sommer wird allerdings noch bis zum kommenden Jahr auf sich warten lassen. Jeweils in geraden Jahren finden im August zahlreiche Veranstaltungen statt. Auf dem Programm stehen Theater, Konzerte und Lesungen. Das Gartenfest hingegen steht unmittelbar bevor. Vom 2. bis 4. Juli steht das Kloster im Zeichen von Blumen, Sträuchern und Stauden. Wenige Wochen später nehmen echte Mönche und Nonnen Kloster Dalheim für zwei Tage in Besitz. Am 28. und 29. August kommen Ordensschwestern und Ordensbrüder aus 40 Abteien, Stiften und Klöstern in Österreich, Tschechien, Weißrussland und dem gesamten Bundesgebiet nach Dalheim, um auf dem weitläufigen Klostergelände Waren aus ihren Klosterbetrieben anzubieten.

Die Dauerausstellung des Museums hat seit einiger Zeit ein neues Highlight: Die multimediale Installation über die Schöpfung. In einer mit Spiegeln ausgekleideten Kabine hören die Zuschauer den Schöpfungsbericht aus der Genesis und sehen in kräftigen Bildern, was Gott geschaffen hat. Regelmäßige Führungen durch Klosteranlage und Klostergärten erschließen dem Besucher die Anlage, seine Geschichte und seine Gegenwart. Kein Kloster ohne Klostergasthof und Klosterladen. Auch in Dalheim kommen das leibliche Wohl und die Möglichkeit, Produkte aus klösterlicher Herstellung zu kaufen, nicht zu kurz. So bietet sich auf dem Weg zurück zum Parkplatz noch die Gelegenheit, Schokolade, Seife oder Edelbrand als Andenken an den Besuch in Dalheim zu erwerben. Der Rückweg führt wieder durch die wunderbare Landschaft des südlichen Paderborner Landes und macht den Abschied wirklich schwer.

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