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Historische Sehenswürdigkeiten in Ungarn

Ungarn hat dem Besucher mehr zu bieten als die bekannte Metropole Budapest. Es gibt zahlreiche historische Städte, die ungarische Geschichte lebendig werden lassen.
Der klassizistische Dom des heiligen Johannes des Evangelisten in Eger
Foto: Hurnaus | Der klassizistische Dom des heiligen Johannes des Evangelisten in Eger: Die im Norden des Landes inmitten von Weinbergen gelegene Stadt ist eine Perle unter Ungarns Städten.

Wer von Westen kommend nach Ungarn reist, durchquert zuerst das hügelreiche Transdanubien, das westlich der Donau liegt und auch den Plattensee mit einschließt. An der österreichischen Grenze gelegen, stellt Sopron (Ödenburg) für den Reisenden so etwas wie das Eintrittstor in das Land der Magyaren dar. Mit seiner mittelalterlichen Bausubstanz gleicht Ödenburg einem städtischen Museum, in dem Barock und Renaissance vorherrschen. Die Stadt liegt landschaftlich wunderschön eingebettet zwischen den Soproner und Balfer Hügeln. Zur Zeit der Donaumonarchie war Ödenburg eine multikulturelle Stadt, in der viele Deutsche und Juden lebten.

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Hier war Joseph Haydn Hofkapellmeister

Nicht weit von Sopron entfernt befindet sich Fertod mit dem Schloss Esterházy. Dieses prachtvolle Barockschloss wird auch als ungarisches Versailles bezeichnet und findet sich in der Weltkulturerbeliste der UNESCO. Die Esterházys ließen im 18. Jahrhundert in der Nähe des Neusiedler Sees ein prachtvolles Jagdschloss errichten, in dem Joseph Haydn dreißig Jahre lang als Hofkapellmeister wirkte.

Am Zusammenfluss dreier Flüsse (Donau, Raab, Rabnitz) liegt Györ (Raab), die am meisten katholisch geprägte Stadt von West-Transdanubien. Überragt wird die Stadt vom Domkapitelhügel (Káptalan) mit seiner mittelalterlichen Bischofsburg und dem Liebfrauendom. In der gotischen Ladislaus-Kapelle aus dem 15. Jahrhundert befindet sich die mittelalterliche Reliquienbüste des heiligen Königs Ladislaus, ein besonders schönes Werk ungarischer Goldschmiedekunst. Der heilige Ladislaus, dessen Leben von vielen Legenden umwoben ist, wurde 1077 vom ungarischen Volk zum König gewählt. Er setzte die Christianisierung Ungarns, die der heilige Stephan begonnen hat, fort und ging als großer Heerführer in die Geschichte ein.

Das ungarische Monte Cassino

Zwanzig Kilometer von Györ entfernt thront Pannonhalma weithin sichtbar auf einem Hügel der kleinen ungarischen Tiefebene. Die älteste Benediktinerabtei Ungarns trägt wegen ihrer spektakulären Lage auch den Beinamen ungarisches „Monte Cassino“ und steht unter UNESCO-Denkmalschutz. Großfürst Géza, der Vater des heiligen Stephan, rief 996 Mönche aus Italien hierher. Das tausendjährige Kloster mit seiner einzigartigen Bibliothek und Gemäldegalerie ist heute ein wichtiger Bestandteil ungarischer Nationalkultur. Am 17. Juli 2011 wurde hier das Herz des verstorbenen Kronprinzen von Österreich-Ungarn, Otto von Habsburg, beigesetzt.

Residenz der Königinnen

Fährt man von Pannonhalma in Richtung Plattensee, so erreicht man die Stadt Veszprém, eine der ältesten und historisch bedeutsamsten Städte Ungarns. In der Stadt, die auf fünf Hügeln erbaut wurde, residierte einst Königin Gisela, die bayerische Gemahlin von König Stephan. Seit dieser Zeit trägt Veszprém den Beinamen „Residenz der Königinnen“. Sehenswert ist das Burgviertel mit dem Erzbischöflichen Palais, der Giselakapelle und dem Dom St. Michael.

An einer Aussichtsplattform findet man zwei Statuen des Königspaares Stephan und Gisela. Unweit dieser historischen Stätten liegt der Plattensee, der auch ungarisches Meer genannt wird. Mit 196 Kilometern Uferlinie ist der Plattensee der größte Binnensee Mitteleuropas. Am hügeligen Nordufer wachsen auf vulkanischem Boden ausgezeichnete Weine. Der Plattensee ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert, besonders in den Sommermonaten, wenn am Abend die blutrote Sonne im Steppensee verschwindet. Die Halbinsel Tihany mit ihrer barocken Benediktinerabtei bildet den schönsten Teil des Sees und ist im Sommer ein besonderer Touristenmagnet.

Eine ehemalige Moschee als Pfarrkirche

Weiter südlich am Fuße des Mecsek-Gebirges liegt Pécs (Fünfkirchen), das 2010 Kulturhauptstadt Europas war. Fünfkirchen ist das Zentrum der Donauschwaben in Ungarn. In dieser Gegend leben noch heute neun ethnische Minderheiten in eigener Selbstverwaltung. 1367 wurde hier von König Ludwig dem Großen die erste ungarische Universität gegründet. Von 1543 bis 1686 stand Pécs unter der Herrschaft der Osmanen. Die Moschee des „Paschas Kassim Ghasi“ gibt noch heute Zeugnis von dieser Ära. Die einstige Moschee dient nun als Pfarrkirche. Sehenswert ist der dreischiffige Dom St. Peter, ein Monumentalbau und Meisterwerk des ungarischen Historismus nach den Plänen des Wiener Architekten Friedrich von Schmidt. Interessant sind auch die frühchristlichen Grabanlagen von Pécs, die zum UNESCO Weltkulturerbe zählen.

10000 Orgelpfeifen in Szeged

Eine eindrucksvolle Kathedrale erwartet den Besucher in Szeged, der drittgrößten Stadt Ungarns. Die Stadt an der Theiß ist Zentrum der südlichen Tiefebene. Im Jahr 1789 ereignete sich hier ein schweres Hochwasser, als die beiden Flüsse Maros und Theiß tausende Häuser zerstörten. Damals legten die Bürger der Stadt das Versprechen ab, ein großes Gotteshaus zu errichten, sollte die Stadt wieder aufgebaut werden. Die neoromanische Votivkirche, die auch „Dom Unserer Lieben Frau von Ungarn“ genannt wird, ist heute die viertgrößte Kirche Ungarns. Die Domorgel zählt mit ihren 10 000 Pfeifen zu den größten in Europa.

Erlauer Stierblut

Eine Perle unter Ungarns Städten ist die im Norden des Landes inmitten von Weinbergen gelegene Stadt Eger (Erlau). Hier gedeiht das berühmte dunkelrote „Erlauer Stierblut“, ein schwerer Rotwein, der international bekannt ist. Die wegen der Türkenbelagerung historisch wichtige Stadt ist heute eine „Perle des Barock“. Den Türkenangriff von 1552 überstand Eger unter der Führung des legendären Burghauptmannes István Dobó noch heldenhaft, ehe sie später für fast hundert Jahre in türkische Hände fiel. Im 18. Jahrhundert begannen die Bischöfe mit dem Wiederaufbau der Stadt. Neben den vielen Barockkirchen und Bürgerhäusern, die im Barock- und Sezessionsstil gehalten sind, sticht vor allem der klassizistische Dom des heiligen Johannes des Evangelisten hervor. Eger ist eine liebliche Stadt, die den Besucher mit ihrem Charme verzaubert.

Größtes Gotteshaus Ungarns

An der Mündung des Flusses Gran in die Donau liegt auf einem 160 Meter hohen Felshügel die Stadt Esztergom. Der Burgberg von Esztergom spielt in der Geschichte Ungarns eine wichtige Rolle. Nach der Ankunft der Magyaren im Gebiet des heutigen Ungarn wurde Esztergom im 10. Jahrhundert zum Sitz des Großfürsten Géza. Bis ins 12. Jahrhundert blieb die Stadt Hauptsitz seiner Nachfolger, der Fürsten aus dem Geschlecht der Árpáden. Für die katholische Kirche ist Estzergom bis zum heutigen Tag von großer Bedeutung.

Hier residiert der Erzbischof von Esztergom, der stets auch Primas der römisch-katholischen Kirche von Ungarn ist. Überragt wird der Burgberg von der Basilika „Maria Himmelfahrt“, einem klassizistischen Monumentalbau. Das größte Gotteshaus Ungarns beeindruckt durch seine Maße. Der Bau ist 118 Meter lang, 48 Meter breit; die 100 Meter hohe Mittelkuppel hat einen Durchmesser von 35 Metern. Zur Einweihung des Doms komponierte Franz Liszt die „Graner Messe“. Ein besonders eindrucksvolles Bild bietet sich dem Besucher, der sich der Stadt von der Donau aus nähert.

Ungarische Peterskirche

Der österreichische Journalist und Schriftsteller Ernst Trost beschreibt dieses Bild eindrucksvoll in seinem Werk über die Österreichisch-Ungarische Donaumonarchie: „Auf einmal scheint die Donau jedoch auf einen Felsen aufzulaufen. Eine Kuppel, so groß, dass man sie zuerst für eine Halluzination, eine Luftspiegelung am Horizont hält, blockiert Sicht und Strom. Langsam entwirren sich die Konturen aus dem gleichmacherischen Dunst. Man hat sich nicht geirrt. Die Kuppel ist Wirklichkeit, grün schimmert der Dom, hell leuchten die hohen Säulen, die ihn tragen, eine ungarische Peterskirche, Esztergom, der Sitz des Primas von Ungarn, eine klassizistische Kathedrale als ekklesiastische Machtkundgebung, der kräftige erste Ton im großen Dreiklang der traditionellen ungarischen Gewaltenharmonie.“

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