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Joseph Mader: Der Glaube war Kraftquelle seines Künstlerlebens

Der Maler und Graphiker Joseph Mader galt als das Talent der frühen 30er Jahre. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten beendeten seine Karriere, nicht jedoch sein weiteres Schaffen. Sein Enkel will das Werk mit seinen beinahe durchgängig christlichen Bezügen in der Darstellung, der Öffentlichkeit erschließen.
Joseph Mader: "Gethsemane", Öl auf Leinwand, 1953.
Foto: Privat | Joseph Mader galt in der Weimarer Republik als Nachwuchshoffnung in der deutschen Malerei. "Gethsemane", Öl auf Leinwand, 1953.

Als der 24-Jährige aus dem niederbayerischen Landshut stammende Maler Joseph Mader mit seinen 14 großformatigen Kreuzwegdarstellungen 1930 zum Meisterschüler der Kölner Werkschulen ernannt wird, legt er damit gleichzeitig sein persönliches Glaubenszeugnis nieder; das wurde ihm Richtschnur und Kraftquelle durch sein notbehaftetes Künstlerleben hindurch. Denn nur kurz währt Maders Erfolg, als er 1930 in seine bayerische Heimat zurückkehrt und sich in München als freischaffender Maler niederlässt. Dort wird der Galerist Günther Franke auf den außergewöhnlich talentierten Maler und Zeichner aufmerksam und stellt ihn in seiner Galerie aus. Der Münchner Verleger Reinhard Piper unterstützt ihn und der Kunstkritiker Wilhelm Hausenstein sieht in Mader einen Maler in der Nachfolge Max Beckmanns. Er gilt als Nachwuchshoffnung in der deutschen Malerei. Aber mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endet Joseph Maders Aufstieg in der deutschen Kunstszene.

Ernüchternder Ausblick auf erwartbare Erfolge

An seinen Bruder Anton, mit dem ihn ein inniges Verhältnis verbindet, schreibt er: „Die Hoffnung, durch die eigene persönliche Arbeit Erfolg zu haben, kann man zunächst unter den gegenwärtigen Umständen ruhig aufgeben... Eine furchtbare Zeit, das Geschehen in ihr von einer unentrinnbaren Zwangsläufigkeit, weil die Menschen insgesamt innerlich arm geworden sind, die Glaubens- und Gestaltungskräfte erloschen sind und deshalb alles der Organisation des Außen sich zuwendet.“

1941 wird er schließlich als Sanitäter in der Freisinger Vimy-Kaserne stationiert. Dort beschäftigt er sich neben seiner täglichen Arbeit als Sanitätssoldat intensiv mit den Schriften der catholique renouveau und erahnt den endgültigen Untergang der alten abendländischen Welt, der mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs seinen Anfang nahm. An seinen Bruder schreibt er in den letzten Kriegstagen in wehmütiger Erinnerung an ihr heimatliches Landshut: „So werden wir auch das alte Gesicht unsrer lieben Vaterstadt nicht mehr wiedersehen, wenn es uns vergönnt sein sollte, wieder einmal ihren Raum zu betreten. Es ist gerade heute solch ein Tag des Gedenkens: Abends ist in den Kirchen die Auferstehungsfeier. Auch Deine Gedanken werden sich vergangenen Jahren zuwenden und werden die geheimnisvoll schönen Feiern in der Martinskirche beschwören. Mir ist ihr Bild so wunderbar lebendig; der dunkle hohe Kirchenraum, das Licht der Kerzen in der Antoniuskapelle, wo unsre gute Mutter immer war, die feierliche Prozession, der schöne Chor, in dem auch unser lieber Vater in seinen unbeschwerten Jahren seinen Teil zum Lob des Ewigen beigetragen hat. Man weiß jetzt erst, wie tief das alles sich in die eigene Seele eingebrannt hat. Draußen auf dem Weg heimwärts durch den dämmernden Abend spürte man das Walten des Frühlings: sein Hauch war in der Luft, da und dort hörte man die Amsellieder. Selige Zeit und glücklicher Besitz, sei für immer im Herzen zu tragen.“

Er verstand seine künstlerische Existenz
vielmehr als ein hoffendes Ertasten der schöpferischen Liebe Gottes

Im März 1945 wird Mader von den Amerikanern gefangen und zwei Monate später aus der Gefangenschaft entlassen. Dankbar, den Krieg überstanden zu haben, hofft er mit seiner Malerei mitwirken zu können, an einer künstlerischen Bewältigung der Wirklichkeit im christlichen Geist. In den darauffolgenden Jahren muss er allerdings erkennen, dass im öffentlichen Diskurs die Malerei eine neue Form einer von Gott losgelösten Emanzipation einnahm, die sich von tradierten Erkenntnissen abwendete und einer unverbindlichen Gegenstandslosigkeit huldigte. Joseph Mader hingegen blieb dem Gegenstand und den sichtbaren Erscheinungen als Ausgangspunkt des künstlerischen Ausdrucksmittels treu. Er verstand seine künstlerische Existenz vielmehr als ein hoffendes Ertasten der schöpferischen Liebe Gottes, die er auf geheimnisvolle Weise in die irdischen Dinge versenkt sah. Ein Leben lang spürte er malerisch dieser Liebe nach und wollte sie zur sichtbaren Erscheinung führen.

Das Projekt plant ein Buch und eine Ausstellung

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Ausgebombt lebt er nach dem Krieg mit Frau und Kind unter größter Armut in der ländlichen Abgeschiedenheit im oberbayerischen Moosburg an der Isar und entfernt sich mehr und mehr von der damals öffentlich geförderten Malerei. Eine laute und aufdringliche Kunst, die sich in den folgenden Jahren der Wirtschaftswunderzeit immer mehr Bahn bricht war seine Sache nicht. Als Avantgardist der Stille nutzt er vielmehr die Instrumente, die die moderne Kunst geschaffen hat, um seinen lyrischen Wesen bildhaften Ausdruck zu verleihen und schuf Bildgedichte von poetischer Intensität. An seinen Bruder schreibt er: „Was für mein Empfinden heute weithin fehlt, ist eine Anfangsergriffenheit den Dingen gegenüber. Ein Miteinander in Beziehung setzen. Das intellektuelle Zerteilen und Zusammensetzen überwiegt heut. Und vor allem fehlt die Liebe meine ich. Überall wird das Artistische gesehen und in den Vordergrund gestellt, aber daraus kommt nie eine Kunst, die umfassend anspricht und den Seelengrund beeindruckt.“

1972 schließlich stirbt seine Frau nach langer, schwerer Krankheit. Der Tod seiner Frau, die ein Leben lang aufopferungsvoll die notbehaftete Künstlerexistenz mitgetragen und miterlitten hatte, trifft ihn schwer. Doch er fängt sich und erlebt in den letzten zehn Jahren seines Lebens einen wirtschaftlich bescheidenen Aufschwung. Trotz der materiellen Erholung entgehen ihm jedoch nicht die Entwicklungen in der Gesellschaft und im kulturellen Bereich, die ihn oft sehr deprimieren. Sehr genau beobachtet er die modernen Erscheinungen in der bildenden Kunst wie überhaupt im geistigen Leben. Trost findet er immer wieder im Glauben an Christus, in der Natur, im Austausch mit seinem Bruder, aber auch bei der Lektüre von Büchern. Fast allabendlich sucht er Entspannung bei kleinen Wanderungen an der Amper oder bei Abendandachten in einem nahen Kloster. Aber auch seine Gesundheit wird Mitte der 1970er Jahre immer anfälliger. Dennoch arbeitet er unablässig an seinem Werk und vollendet noch eine Vielzahl an Bildern. An seinen Bruder schreibt er im März 1980: „Dankbar bin ich für jeden Morgen, für das Erklingen der Amsellieder, das einen hoffen lässt und Freude am Arbeiten gibt.“

Die Natur als Offenbarung

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Das religiöse Motiv, das im Frühwerk Maders so bestimmend auftritt, scheint dabei auf den ersten Blick im späteren Werk nur noch gelegentlich vorzukommen. Das erklärt sich aber nicht durch einen Wandel der Lebensanschauung, sondern durch das wachsende Vermögen, die religiöse Dimension alles Lebendigen auch in den profanen Darstellungen erkennbar werden zu lassen, wie der Kunsthistoriker und Autor des Standardwerks über die Kunst der verschollenen Generation, Rainer Zimmermann,  so treffend erläutert. Er schreibt über Mader: „Je mehr er die Natur beobachtet, umso geheimnisvoller erscheint sie ihm. Im Grüngold des Wassers mischen sich Tod und Zeugung; die unschuldige Grausamkeit der Katzen nährt sich von der Schönheit der Kraniche; in der abendlichen Idylle hockt das Verhängnis in einer zerstörten Weidehütte; durch das Balkenwerk des verfallenen Dachstuhls gleitet das Käuzchen im lautlosen Flug. Und immer wieder stellen die Katzen sich ein, wunderbar in ihrer schlanken Grazie, grausam den Raum durchbohrend mit ihrem grünen Blick. Die Natur zeigt sich in Maders Werk als große Offenbarung, ihr Gesetz ist nicht das Gesetz der Mathematik, sondern das der Poesie. Mit seinen Bildern hat uns Joseph Mader einen poetischen Schöpfungsbericht vor Augen gestellt.

Am 27. Mai 1982 schließlich stirbt Mader an den Folgen eines Schlaganfalls. Seine Malerei ist heute weitgehend vergessen. Als Enkel des Malers habe ich nun ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das Maders künstlerisches Werk einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen soll. Denn heute im Abstand von einigen Jahrzehnten darf man fragen, ob seine explizit christliche Anschauung der Welt in einem weitgehend agnostischen Kunstbetrieb nicht von besonderer Bedeutung ist und dem Menschen vielleicht mehr zu geben vermag, als manche künstlerische Produktion, die im Zeitgeist völlig aufgegangen ist. Das Forschungsprojekt soll im nächsten Jahr mit einer Publikation und einer Ausstellung enden.


Das Magazin „Finding Joseph Mader“, das im Rahmen des Forschungsprojekts über den Maler bereits erschienen ist, kann unter info@joseph-mader.de für 6,– Euro plus Porto erworben werden.

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