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„Auf der Couch in Tunis“: Eine Psychotherapeutin in Tunesien

Manele Labidis Spielfilmdebüt „Auf der Couch in Tunis“ behandelt auf humorvolle Art die sozialen und politischen Umbrüche im nordafrikanischen Land. Ein Filmtipp mit Teaser.
Eine Psychotherapeutin in Tunesien
Foto: dpa | Selma (Golshifteh Farahani) kehrt in ihre Geburtsstadt Tunis zurück, nachdem sie so gut wie ihr ganzes Leben in Paris verbracht hat.

Ob das Bild von ihrem Vater oder ihrem Großvater stamme, wird Selma (Golshifteh Farahani) vom Umzugshelfer gefragt. Nein, es sei „ihr Chef“, antwortet sie. Das Foto zeigt Siegmund Freud. Denn Selma, die gerade aus Paris nach Tunis zurückgekehrt ist, möchte hier weiter als Psychotherapeutin arbeiten. 

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Warum kehrt sie zurück in ihre Geburtsstadt, nachdem sie offensichtlich so gut wie ihr ganzes Leben in Frankreich verbracht hat, ihr Vater noch in Paris lebt, hier ihre Verwandten sie als „postkoloniale Wichtigtuerin“ beschimpfen und ihr klipp und klar sagen, dass in Tunis niemand eine(n) Psychoanalytiker(in) braucht?

Mit ihrem Spielfilmdebüt „Auf der Couch in Tunis“ (Un divan à Tunis“) liefert Drehbuchautorin und Regisseurin Manele Labidi eine humorvolle Hommage an die Heimat ihrer Eltern. In den Personen ihrer den Unkenrufen ihres Onkels zum Trotz die Therapeutin aufsuchenden Patienten findet Manele Labidi Gelegenheit, ein Panoptikum skurriler Gestalten – von der Besitzerin eines Schönheitssalons Baya (Feriel Chamari) bis zu dem Iman Fares (Jamel Sassi) – vorzuführen.

 

Kein Klischee bedienen

Zu ihrem Film führt Labidi aus: „Ich wollte mit meinem Film nicht das Klischee einer im Westen sozialisierten Psychologin nähren, die sich gegen eine rückwärtsgewandte Gesellschaft durchsetzen muss“. Die bürokratischen Schwierigkeiten, die Selma meistern muss, bieten deshalb eher die Chance, die sozialen und politischen Umbrüche in Tunesien auf eine satirische Art zu behandeln.

„Auf der Couch in Tunis“ lebt jedoch insbesondere auch vom Spiel der Hauptdarstellerin Golshifteh Farahani. Die 1983 in Teheran geborene, seit 2009 in Frankreich lebende Schauspielerin hat sowohl für den iranischen Regisseur Asghar Farhadi („Alles über Elly“, 2009) als auch in Hollywood-Actionfilmen („Exodus: Götter und Könige“, Ridley Scott 2014) gearbeitet. Hier erinnert ihr Spiel eher an die Laura in Jim Jarmuschs „Paterson“ (DT vom 17.11.2016) mit ihrem Faible für Schwarzweiß in allen Variationen.

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José García

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