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Walentin Woino-Jasenezki: Ein Bischof, der Chirurg war

Walentin Woino-Jasenezki, in der Orthodoxen Kirche als heiliger Bekenner-Bischof Luka bekannt, hat die schwere Zeit der Stalin-Ära durchlitten. Zum 60. Todestag einige biographische Einblicke.
Bischof Luka
Foto: IN | Walentin Woino-Jasenezki wird in der orthodoxen Kirche als Heiliger Bischof Luka verehrt, besonders in der Ukraine, Weißrussland, Russland und in Griechenland.

Es ist jetzt 60 Jahre her, seit der bedeutende Mediziner verstarb: der geniale Chirurg und Professor der Medizin, Walentin Woino-Jasenezki, auch bekannt als heiliger Bekenner-Bischof Luka, Erzbischof von Simferopol und Krim. Er war Autor von 55 wissenschaftlichen Werken, Bischof, dessen Predigten in zwölf Bänden gesammelt wurden, Arzt für Körper und Seele. Heute wäre der heilige Luka für seine Erfolge im Fachbereich Medizin zweifellos mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Seine höchste Anerkennung ist jedoch die Heiligsprechung durch die orthodoxe Kirche.

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Woino-Jasenezki lebte in der Zeit in der Sowjetunion, wo der Glaube oft mit dem Leben bezahlt wurde. Der sowjetische Staat war dabei, die Kirche völlig abzuschaffen. Über 200 000 Geistliche wurden gefoltert und ermordet, viel Leid erlebte auch Luka.

Der 1877 in Kertsch (Krim) geborene Walentin verbrachte seine jungen Jahre in Kiew. Sein Vater war römisch-katholisch, die Mutter orthodox. Er lernte in der privaten Malschule von Heinrich Knirr in München. Doch wegen heftigem Heimweh kehrte er nach drei Wochen zurück in die Heimat, um an der Kiewer Universität Medizin zu studieren mit dem einzigen Ziel, sein ganzes Leben Landarzt zu sein und den Armen zu helfen. Der Wunsch, den Armen zu helfen, hat er seiner Erziehung und dem Wort Gottes zu verdanken. Walentin liest täglich das Neue Testament und kommt zum Schluss: Nur Christus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben.

„Das Wissen führt zu Gott, das Halbwissen entfernt von Ihm“

Viele Passagen des Evangeliums haben ihn gerührt, aber ganz besonders die Worte: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!“ Als er diese Worte gelesen hatte, rief er aus: „O Herr! Kann es wirklich sein, dass Du wenig Arbeiter hast?“

Walentins Malbegabung wurde sehr nützlich im Medizinstudium, besonders im Fach Anatomie. Später wird er Professor für topografische Anatomie und operative Chirurgie. Seine chirurgische Tätigkeit war exzellent: Laut Zeugnissen waren seine OPs, oft trotz Instrumenten-Mangel, immer erfolgreich. Er führte 1924 die weltweit erste Transplantation einer Niere vom Kalb zu einem Menschen durch, konnte die Schnitte mit dem Skalpell absolut passgenau machen und mit Frauenhaar zunähen. Nach einer seiner Operationen konnte ein junger, von klein an blinder Bettler, die Welt endlich sehen. Schon zwei Monate später begleitete der nun Sehende Dutzende Blinde zu dem meisterhaften Chirurgen.

Religiös verfolgt, wissenschaftlich ausgezeichnet

Jasenezki hat Deutsch und Französisch gelernt und etwa 500 medizinische Werke in diesen Sprachen durchgelesen. Er löste das Problem der Regionalanästhesie des Ischiasnervs, was der deutsche Professorenkollege Braun für nicht möglich hielt, und schrieb das Buch „Regionalanästhesie“, die Basis für seine Habilitationsarbeit, die er brillant verteidigt hatte.

Für sein berühmtes Werk „Die Aufrisse der Septischen Chirurgie“ über die chirurgische Behandlung eiternder Wunden erhielt Woino-Jasenezki die höchste Auszeichnung der Sowjetunion, den Stalinpreis. Und das, nachdem er bereits 25 Jahre Geistlicher war. 70 Prozent des Preises spendete er an die Kriegswaisen, den Rest investierte er in die Kirche.

Namenspatron: Lukas, der Evangelist und Arzt

Als Walentin mit dem Buch begonnen hat, befiel ihn ein Gedanke: „Wenn dieses Buch fertig wird, wird darauf die Unterschrift eines Bischofs stehen.“ Damals war er Laie, der nicht mal einen Gedanken an das Priestertum hatte, geschweige vom Bischofsamt. Nach Jahren wurden „Die Aufrisse“ begonnen vom Chirurg Walentin und dann vom Bischof Luka im Gefängnis in Taschkent vollendet. Er unterschrieb das Titelblatt mit „Bischof Luka“.

Woino-Jasenezkis priesterlicher Weg war voller Leid. In Anregung des Bischofs von Taschkent Innocentius, Priester zu werden, sieht der namhafte Professor Gottes Aufruf, den er ohne Zögern annimmt. 1921 wurde er Mönch und Priester mit dem Namen Luka wie der Arzt, Evangelist und Maler Lukas, zwei Jahren später war die Weihe zum Bischof.

„Egal, wohin ich geschickt werde, Gott ist überall“

Mit seiner Bischofsweihe haben elf Jahre Haft und Exil begonnen, auch in nordischer Kälte. Doch Gott war immer dabei. Luka sagte: „Egal, wohin ich geschickt werde, Gott ist überall.“ Einmal sah Luka im Gefängnis in einer kalten Zelle einen jungen halbnackten, zitternden Häftling; Luka zog seinen Mantel aus und gab ihm diesen. Diese Tat hat die Häftlinge sehr beeindruckt, sie hatten von nun an Respekt vor ihm. Einmal wurde der Bischof mit böser Absicht in eine Zelle zu den grausamen Wiederholungstätern geworfen. Am ersten Tag wurde dem Bischof das Essen weggenommen, er saß dann in der Ecke und betete. Am zweiten Tag hat er mit allen zusammen gegessen und gesprochen, und am dritten – beteten alle.

Der Bischof erlebte viele Erniedrigungen und Verhöre, auch das „Fließbandverhör“, das rund um die Uhr dauerte. Tschekisten verhörten abwechselnd, ließen nicht schlafen, zwangen die ganze Zeit zu stehen und übergossen den Kopf mit kaltem Wasser. 13 Tage und Nächte dauerte das Verhör, Luka erlebte es zweimal.

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Verbannung unterbrochen, um als Arzt im Krieg zu dienen

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war Luka im Exil in Sibirien. Er ließ nach Moskau ein Telegramm senden mit der Bitte, sein Exil zu unterbrechen und ihn als Chirurg im Krieg tätig sein zu lassen; nach dem Krieg wäre er bereit, ins Exil zurückzukehren. Das Anliegen wurde bewilligt, und so rettete Luka viele Leben im Krieg. Auch als Bischof war Luka markant. Er hielt über 1 250 Predigten, setzte sich für seine Priester ein, unterstützte sie, war wohltätig, vorbildlich als geistiger Vater und Hirte, der seine Herde verteidigte und sich um sie kümmerte. Er schrieb auch religiöse Bücher, wie „Geist, Seele und Körper“, das er als noch wertvoller ansah als seine berühmten „Aufrisse“. Im Buch „Wissenschaft und Religion“ begründete er die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Religion und bekräftigte die Meinung, „das Wissen führt zu Gott, das Halbwissen entfernt von Ihm“. Luka meinte auch, „die Wissenschaft ohne Religion ist der Himmel ohne Sonne“.

Ein Mitglied der Sowjetregierung fragte einmal Luka nach Gott, wieso denn die sowjetischen Satelliten ihn im Weltraum nicht entdeckten. Luka antwortete: „Als Chirurg habe ich vielmals Schädeltrepanation gemacht, aber den Verstand habe ich dort auch nicht entdeckt.“ Auch Stalin fragte Luka, ob er als Chirurg die Seele im menschlichen Körper gesehen hat. Der Bischof erwiderte: „Oft habe ich im menschlichen Körper auch kein Gewissen gesehen.“

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Luka als Brückenbauer zwischen Katholiken und Orthodoxen

Als orthodoxer Bischof hatte Luka eine gute Einstellung zur katholischen Kirche, seinen Priestern nannte er als Vorbild katholische Priester wie den heiligen Pfarrer von Ars, Jean-Marie Vianney.

Woino-Jasenezki wird in der orthodoxen Kirche, besonders in der Ukraine, Weißrussland, Russland und Griechenland als Heiliger verehrt. Es werden viele Wunder unter seiner Fürsprache berichtet. Er ist jedoch kaum bekannt in Westeuropa, was noch dem Verbot durch das sowjetische Regime, Information über ihn als Bischof, seine religiöse Tätigkeit und Werke zu verbreiten, geschuldet ist.

Vielleicht wird der heilige Luka bald auch von den Katholiken verehrt. Die Gestalt des Luka kann zu einer Brücke der Einheit zwischen katholischen und orthodoxen Christen werden.

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