Mit einem Offenen Brief an den Schriftsteller und Dramatiker Ferdinand von Schirach haben sich Palliativmediziner und Psychologen in die Diskussion um die heute um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlte TV-Verfilmung „Gott von Ferdinand von Schirach“ eingeschaltet. Wie die Unterzeichner schreiben, entsprächen „die handelnden Personen“ teilweise „einem Zerrbild“. Auch die Fakten entsprächen „zum Teil nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand“. Ferner fehlten „die Positionen der modernen Suizidprävention“. Darüber hinaus entsprächen „weite Teile der Diskussion nicht der eigentlichen Frage. Sie lautet nicht: Gibt es ein Recht auf einen Suizid? Sie lautet: Gibt es einen Rechtsanspruch auf einen assistierten Suizid?“.
Fiktive Sitzung des Deutschen Ethikrates
Der Film basiert auf dem Theaterstück „Gott“, das in diesem Jahr im Luchterhand Literaturverlag erschienen ist. Verhandelt wird in dem Stück die Frage, ob es moralisch in Ordnung ist, sich selbst das Leben zu nehmen und ob Ärzte dazu beitragen können sollen. Als Rahmen dafür wählt der Autor eine Sitzung des Deutschen Ethikrates. In ihr lässt von Schirach das Gremium den Sterbewunsch des körperlich gesunden 78-jährigen Architekten Richard Gärtner verhandeln, dessen Frau vor drei Jahren gestorben ist und für den das Leben ohne sie nach 48 gemeinsamen Ehejahren jeden Reiz verloren hat. Am Ende der TV-Verfilmung sollen die Zuschauer abstimmen können. Die ARD hat dem Thema eine Sonderseite gewidmet. Nach Verkündigung der Voting-Ergebnisse wird TV-Moderator Frank Plasberg die Entscheidung mit Experten in seiner Sendung „hart aber fair“ diskutieren.
In der Suizidprävention Engagierte kommen nicht zu Wort
Wie die Ärzte schreiben, negiere und entwerte die „ein wenig aus der Zeit gefallene“ Darstellung des Ärztekammervertreters „die Arbeit von tausenden In Deutschland tätigen Menschen, die als Mediziner, Psychiater, Psychologen, Palliativmediziner, Pflegekräfte, Seelsorger, Mitarbeiter von Hospizen, Krisendiensten und Beratungsstellen der Polizei, Feuerwehr oder einfach ehrenamtlich engagiert mit suizidalen Menschen zu tun haben.“
Diese Menschen kämen „nicht zu Wort. Gerade die Suizidpravention und die Palliativmedizin versuchen den Menschen in seiner Not anzunehmen, mit ihm gemeinsam Wege in der krisenhaften Situation zu finden und mit ihm zu einer selbstbestimmten Entscheidung zu gelangen. Am Ende kann dies – wenn auch eher selten – in einen Suizid münden. Meist finden sich andere Losungen. Allerdings endet diese Arbeit nicht darin, dem Protagonisten ein Suizidmittel zur Verfügung zu stellen“, heißt es in dem Schreiben.
Falsche Darstellung von Fakten
Die Unterzeichner, zu denen unter anderem der Hamburger Diplom-Psychologe Georg Fiedler, der Direktor der Klinik für Palliativmedizin, am Universitätsklinikum Bonn, Professor Lukas Radbruch und der Direktor der Klinik für Palliativmedizin, am Klinikum der RWTH Aachen, Professor Roman Rolke, gehören, kritisieren auch die verkehrte Darstellung von Fakten in dem Stück. So senke die Zulassung des assistierten Suizids weder die Suizidraten noch verhindere er „harte Suizide“, wie Schienensuizide. Auch sei der sogenannte „Dammbruch“ keine „Fiktion“. Weder sei die Alternative zu einem assistierten Suizid „sabbernd“ und an „Schläuchen hängend“ im Krankenhaus zu sterben, noch sei die „Gabe eines tödlichen Medikaments“ die Alternative zum „Behandlungsabbruch“. Schließlich hätten sich Ärzte in Deutschland noch nie mehrheitlich für den assistierten Suizid ausgesprochen. Bei den drei, zwischen 2009 und 2015 durchgeführten Befragungen habe sich eine solche Mehrheit nie ergeben.
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