Ein hübscher Kerl hat da Porträt gesessen, das Gesicht gut geschnitten, der Blick versonnen und doch selbstgewiss. Albrecht Dürer ließ es sich nicht nehmen, seinen 20 Jahre jüngeren Kollegen Lucas van Leyden im Juni 1521 mit schnellen, exakt gesetzten Strichen festzuhalten und schrieb im Tagebuch von einem „kleinen Männchen“. Despektierlich war das kaum gemeint, vielmehr dürfte Dürer überrascht gewesen sein, dass sich dieser zierliche Jüngling ausgerechnet dem Kupferstich verschrieben hatte. Dafür musste man schon Kraft haben, zumal Lucas auch noch die feinsten Details und verblüffende Schattierungen in die Metallplatte graben konnte. Dürer hatte das längst überrissen, Lucas‘ Druckgrafik ging seit den 1510er Jahren ...
Selbst Dürer zog seinen Hut
In Münchens Pinakothek der Moderne ist mit dem Druckgrafiker Lucas van Leyden einer der großen Erzähler der Kunstgeschichte zu erleben. Von Christa Sigg