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"Robert Spaemann hat die Ethikdiskurse beeinflusst"

Spaemann-Schüler Thomas Buchheim resümiert, der jüngst verstorbene Denker habe "die Ethikdiskurse beeinflusst".
Robert Spaemann. Der Philosoph wird schon mit Sokrates verglichen
| Robert Spaemann. Der Philosoph wird schon mit Sokrates verglichen. Foto: Int.

Robert Spaemanns philosophisches Wirken habe gezeigt, so der Spaemann-Schüler Thomas Buchheim, „dass Philosophen nicht nur zu spät kommen können, um die Entwicklung wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten nicht allein zur Kenntnis, sondern durch scharfsinnige Argumente und eine spezifisch philosophische Sicht der Dinge auf ihren Ausgang auch Einfluss zu nehmen“.

Spaemann hat die Nutzung der Atomkraft kritisiert – lange vor den Grünen

Deshalb habe Spaemann „über Jahrzehnte hinweg durch sein öffentlich stark wahrgenommenes Nachdenken die Ethikdiskurse in Deutschland, Europa und darüber hinaus so nachhaltig wie kaum ein anderer Philosoph der jüngeren Gegenwart beeinflusst und geprägt“, meint der Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Als Beispiel nennt Buchheim die Umweltethik: „Mit Blick auf die Unbeherrschbarkeit möglicher Folgen hat Spaemann die atomare Technik kritisiert und die Integrität des Natürlichen als unentbehrliche Basis unserer eigenen Existenz aufgezeigt, bevor ein Grüner Standpunkt überhaupt formuliert war“.

Robert Spaemann war auch in den USA renommiert

„Mit seinen sachlich entschieden plädierenden, aber durch neue, immer rationale Argumente die Erkenntnis ihres Gegenstandes beflügelnde und zudem in brillanter, ihrerseits schon preisgekrönter Prosa verfassten Büchern hat Spaemann nicht nur die philosophische Diskussion im deutschsprachigen, sondern im internationalen, vor allem auch amerikanischen Raum stark geprägt“, so Buchheim. Es geschehe heute selten, dass „deutsche Gegenwartsphilosophie überhaupt noch den Weg über die Grenzen des Landes hinaus und sogar über den Atlantik findet“.

Aus kontinentalen Denktraditionen gegen die Verabsolutierung der Wissenschaft

Spaemanns Philosophieren sei, so Buchheim, „für das erste ein umso erfreulicheres Beispiel, als sein Denken zugleich profund aus kontinentalen Denktraditionen schöpfte – es so weitertransportierte – und doch souverän Standpunkte innerhalb der Modernität bezog und mit neuer Attraktivität versah, die sich jedem modischen und voreilig szientifischen Konsens der Meinungen entgegenzustellen wusste“. Spaemann sei „in seiner unnachahmlichen Mischung aus Skepsis gegen das scheinbar unstrittig Gewordene und Zutrauen auf die natürlichen Durchsetzungskräfte des Vernünftigen in der Tat diejenige Gestalt in der deutschsprachigen Philosophie der Gegenwart“ gewesen, die „am ehesten mit ihrem Geburtshelfer, Sokrates, zu vergleichen ist“.

DT (jobo)

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