Wir gehen gleichsam bürgerpflichtig wählen, aber wir investieren keine allzu großen Energien in die Informationsbeschaffung – man hat ja eh‘ nur eine Stimme. Europawahlen potenzieren nun die normalen Probleme von Wahlen in demokratischen Wohlstandsgesellschaften. Die Parteien bieten Waren an, für die sich kaum jemand interessiert. Niemand liest Programme, niemand kennt die Kandidaten. Oder kennen Sie Ska Keller und Sven Giegold? Das sind immerhin die Spitzenkandidaten der Grünen! Doch dass niemand ihre Kandidaten kennt, wird den Grünen auch bei dieser Europawahl nicht schaden, denn sie sind deshalb so erfolgreich, weil sie das tiefe religiöse Bedürfnis einer atheistischen Gesellschaft befriedigen.
Feuilleton
Reine Rhetorik
Der Wahlkampf zu den Europawahlen ist im vollen Gang: Große und kleine, alte und neue Parteien buhlen um die Stimmen der Bürger. Viele Slogans sind erschreckend blass, flach oder beides. Woran liegt das? Von Professor Norbert Bolz