Der Zusammenfall dieser drei Ereignisse mag Zufall sein, aber dann von wem auch immer ein gut berechneter – ansonsten ist die Koinzidenz symptomatisch für den Zustand des deutschen Gemeinwesens: Einmal die lebhafte Diskussion in der Union darüber, ob die Nation eine von den Zeitläuften überholte Idee und staatliche Organisationsform sei und es deshalb „mehr“ Europa braucht (Wolfgang Schäuble, CDU), oder ob umgekehrt ein „weniger“ an Europa (Hans-Peter Friedrich, CSU) den Kontinent stabilisiert. Zum Zweiten die Art und Weise, wie Deutschland den Tag der Deutschen Einheit mitsamt seinen Sonntagsreden am vergangenen Montag, dem 3. Oktober, gefeiert hat.
Pofalla, Nation und Demokratie – die Krise der Repräsentation
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla beschimpft den Parlamentarier Wolfgang Bosbach auf übelste Weise. Die repräsentative Demokratie nimmt Schaden. Am gleichen Wochenende stellt Finanzminister Wolfgang Schäuble die Antiquiertheit des Organisationsprinzips Nation fest. Und am vergangenen Montag, dem lustlos gefeierten Tag der Deutschen Einheit, fällt den Spitzen des Staates nichts Wegweisendes in der Krise ein. Das alles kann kein Zufall sein. Von Johannes Seibel