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München: Katholische Akademie diskutiert über Existenz des Teufels

"Den Teufel spürt das Völkchen nie, und wenn er sie beim Kragen hätte", triumphiert Mephisto im "Faust". "Gibt es den Teufel wirklich?", fragte die Katholische Akademie bei einer Veranstaltung im Rahmen des jüngst eröffneten Münchner Faust-Festivals.
Ausstellung "Du bist Faust" in München
Foto: Matthias Balk (dpa) | München: Ein Mann geht in der Ausstellung "Du bist Faust - Goethes Drama in der Kunst" in der Kunsthalle an dem Schriftzug "Je suis - Du bist - She is - Somos - Bbl - Zij zijn - Faust" vorüber.

Von einer Höllenhitze wollte der Direktor der Katholischen Akademie in Bayern, Florian Schuller, am Montagabend in München nicht sprechen. Aber dass die mehr als 200 Besucher sich bei den eisigen Außentemperaturen in einem wohlig warmen Tagungssaal einfinden konnten, hatten sie Mephisto 3000 zu verdanken - einem Blockheizkraftwerk im Keller des Gebäudes. Also wahrlich passend zum Motto der Veranstaltung mit dem Titel "Gibt es den Teufel wirklich?".

Im Rahmen des jüngst eröffneten Münchner Faust-Festivals ging es darum, Mephisto rein theologisch zu betrachten. Schon vorab hatte das Thema einen potenziellen Teilnehmer so umgetrieben, dass er einige der angekündigten Podiumsteilnehmer anrief und wissen wollte: "Glauben Sie an den Teufel?" Schuller konterte eigenen Worten zufolge, dass er - an die Feier der Taufe sei erinnert - an Gott glaube, dem Teufel aber widersage.

Dass es das Böse gibt, darüber ist nicht zu streiten. Aber gibt es auch den Bösen? Für den Jesuiten Eckhard Frick ist der eigentliche Schauplatz für den Teufel das menschliche Herz. Die Zerrissenheit zwischen Gut und Böse finde hier statt, und die Aufgabe des Menschen sei es, den richtigen Weg zu wählen. Dem Ordensmann kommt zugute, dass er nicht nur Theologe ist, sondern zugleich Arzt und Psychotherapeut.

Reines wissenschaftliches Verstehen reiche nämlich oft nicht aus, betonte Frick. Es brauche Übersetzer. Selbst Goethe habe sich im "Faust" über einen nur der Aufklärung verhafteten Zeitgenossen lustig gemacht. So lässt er in der "Walpurgisnacht" den Berliner Schriftsteller Friedrich Nicolai ironisch als Proktophantasmist (Steißgeisterseher) auftreten. Denn dieser glaubte, ihn quälende Geistererscheinungen mit dem Ansetzen von Blutegeln bekämpfen zu können.

Wie in Tansania mit "Besessenen" umgegangen wird, konnte die Münchner Religionswissenschaftlerin Katharina Wilkens berichten. Wenn sich dort der Grund für Herzrhythmusstörungen und andere Symptome nicht medizinisch erklären ließe, werde zur Abwehr der Dämonen beim Patienten gern ein Exorzismus angewandt. Doch auch in jener marianischen Gruppe, die die Wissenschaftlerin erforschte, heilte der Priester nicht alle, die darum baten, mit dieser Methode. Manche schickte er bewusst zum Arzt. Tatsache aber sei, dass außerhalb Europas mit diesen Dingen völlig anders umgegangen werde.

Da passt, dass dieser Tage die Internationale Vereinigung katholischer Exorzisten über Nachwuchsmangel klagte. Es fehlten gut ausgebildete Priester für solche Aufgaben, hieß es. Dabei würden die Hilfesuchenden immer mehr. Braucht es also mehr Teufelsaustreiber? "Unbedingt", meinte der Dortmunder Professor Thomas Ruster, dessen Schwerpunkt die Systematische Theologie ist. Für ihn steckt der Teufel nicht nur im Detail, sondern in ganzen Systemen.

Als Beispiel nannte er Volkswagen und den Betrug mit den manipulierten Abgaswerten. Alles diene nur der Gewinnsteigerung, und die Leute kauften im Übrigen weiter die Autos des Unternehmens. Solche Systeme fielen nicht vom Himmel, so der Theologe, sondern "unsere Bedürfnisse" nährten sie. Weiter verwies er auf den sich im Laufe der Zeit in der Theologie herausbildenden Dualismus. Wer sich gegen Gott entscheide, entscheide sich für das Böse. Der Teufel sei damit quasi ein "Kollateralschaden des Theismus".

Frick ergänzte seinerseits, dass in den Hintergrund gedrängt worden sei, den dunklen Aspekt des Gottesbildes mitzudenken. Denn der Teufel gehöre zu Gottes eigener Haushaltung. Vom Ruf nach den "harten Burschen", wenn der Arzt am Ende ist, hält der Jesuit nichts. Er erinnerte an den Fall Anneliese Michel (1952 bis 1976). Die an Epilepsie erkrankte Studentin aus dem unterfränkischen Klingenberg starb mit 23 Jahren - komplett ausgehungert - nach mehreren Exorzismen. Kein Ruhmesblatt für die katholische Kirche.

Doch der Mensch sei nun mal ein spirituelles Wesen, so der Jesuit. Dies müsse bei einer Behandlung mitbedacht werden. Gebet und Wissenschaft seien keine Gegensätze. Fricks Rat: "Besser mit einem Patienten zu beten als über ihn."

KNA - Barbara Just / jbj

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