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Kritischer Begleiter der Entwicklung in der evangelischen Kirche

Im Januar übernimmt Matthias Pankau die Leitung der evangelischen Nachrichtenagentur idea. Von Andrea Schultz
Foto: idea/kwerk.eu | idea-Redakteur Matthias Pankau (links) tritt am 1. Januar 2018 die Nachfolge von idea-Leiter Helmut Matthies an.

An der Spitze der evangelischen Nachrichtenagentur idea steht ein Generationenwechsel bevor: Ab Januar 2018 übernimmt die idea-Leitung Matthias Pankau (40), bisher Redakteur im idea-Redaktionsbüro Ost mit Sitz in Leipzig. Pankau löst Helmut Matthies (67) ab, der als der eigentliche Gründer der idea-Gruppe gilt. Denn der 1970 gegründete „Informationsdienst der Evangelischen Allianz“ wurde erst 1977 mit der Anstellung des damals 27-jährigen Pfarrers Helmut Matthies zu einem professionellen Pressedienst, der nicht nur der innerevangelikalen Kommunikation diente, sondern sich an die allgemeine Presse richtete. Im Jahr 1979 folgte die Wochenzeitschrift ideaSpektrum, die sich zum auflagenstärksten überregionalen evangelischen Wochenmagazin im deutschsprachigen Europa entwickelte.

Obwohl ursprünglich als Informationsdienst der Deutschen Evangelischen Allianz DEA gegründet, was sich auch in der Namensgebung widerspiegelt, wurde das Verhältnis zwischen idea und DEA nicht verbindlich definiert. Helmut Matthies: „idea ist ein eingetragener Verein, der mit der Allianz rein juristisch überhaupt nichts zu tun hat.“ Im Gegensatz zum evangelischen Pressedienst epd, der von der Evangelischen Kirche in Deutschland EKD getragen wird, ist die Evangelische Allianz nicht bindend für die Ausrichtung von idea. Im Unterschied zur aus 20 lutherischen, unierten und reformierten bestehenden Gemeinschaft der EKD mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist die Deutsche Evangelische Allianz ein evangelikales Netzwerk von evangelisch-reformatorisch gesinnten Christen aus unterschiedlichen Kirchen und Gemeinschaften mit etwa 1,3 Millionen Menschen, die sich zu Organisationen und Einrichtungen bekennen, die zur Allianz gehören oder ihr nahestehen.

Von Anfang an musste sich idea im Verhältnis zum epd positionieren. Denn bis zur idea-Gründung hatte der epd das Gesamtmandat in der tagesaktuellen Berichterstattung in der EKD allein inne. So hielt der „Publizistische Gesamtplan“ der EKD von 1979 fest, „das Gesamtmandat für die aktuelle Nachrichtengebung (liege) beim Evangelischen Pressedienst“. Allerdings war der „Publizistische Gesamtplan“ durch die Existenz zweier evangelischer Nachrichtendienste von Anfang an überholt. Die Bewilligung eines Zuschusses durch die EKD an idea bedeutete denn auch eine Anerkennung des idea-Nachrichtendienstes durch die evangelische Amtskirche.

Gerade in der Beziehung zur EKD könnte sich durch die Ernennung Matthias Pankaus zum neuen idea-Leiters Einiges ändern. Denn Pankau wurde 2008 zum Pfarrer im Ehrenamt der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsen ordiniert. Die mehr als 713 000 Mitgliedern zählende Landeskirche Sachsen ist eine der zwanzig Gemeinschaften, deren Zusammenschluss die EKD bildet.

Inhaltlich bewertet idea wichtige Streitfragen weiterhin anders als die EKD. Denn idea versteht sich als kritischer Begleiter der Entwicklung der evangelischen Kirche in Deutschland. Legt die „Amtskirche“ hauptsächlich den Akzent auf Strukturveränderungen, so weist idea eher auf die Bedeutung der Verkündigung des Evangeliums und der damit verbundenen Gemeinden-Bildung hin. In der missionarischen Ausrichtung hat idea mehr Gemeinsamkeiten mit der katholischen als mit der evangelischen Kirche. Dies zeigt sich beispielsweise in der sogenannten „Flüchtlingsfrage“. Neben einer kritischen Haltung gegenüber einer Politik der „offenen Grenzen“ findet sich in der Berichterstattung seitens idea immer wieder der Gedanke, dass neben dem Dialog und den Aspekten der Nächstenliebe – der „Diakonie“, auf der die EKD meistens stehenbleibt – auch die Verkündigung des Evangeliums eine wichtige Rolle spielen soll. So berichtet idea immer wieder über den „Flüchtlingspfarrer“ Gottfried Martens. Der Geistliche der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) hat in seiner 1 500 Mitglieder zählenden Dreieinigkeits-Gemeinde in Berlin-Steglitz mehr als 1 000 Flüchtlinge getauft, vor allem Iraner und Afghanen. Zuletzt zitierte idea Gottfried Martens am 7. Juni: „Ich mache gerade mit afghanischen Konvertiten gute Erfahrungen. Sie sind besonders vertrauenswürdig. Ich lege weiterhin für meine Afghanen die Hand ins Feuer.“ Hintergrund für die Warnung Martens', die Übertritte von muslimischen Flüchtlingen zum Christentum nicht grundsätzlich als taktisches Vorgehen zu werten, war die Tötung eines fünfjähriges Kindes in einem Asylbewerberheim in Arnschwang (Oberpfalz) durch einen Afghanen, der sich 2012 im Gefängnis, als er eine Haftstrafe wegen besonders schwerer Brandstiftung absaß, taufen und firmen ließ. Gottfried Martens: „Man sollte vorsichtig sein, aus dem vorliegenden Einzelfall auf Scheinkonversionen im breiten Stil zu schließen.“ Demgegenüber plädierte der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers Ralf Meister dafür, dass die Kirche kritisch prüft, wenn Flüchtlinge zum Christentum übertreten wollen. Pastoren dürften sich nicht unter Druck setzen lassen.

Auch in ethischen Fragen ist die idea-Positionierung der offiziellen EKD-Ausrichtung entgegengesetzt. So wird die Gründung eines „Studienzentrums der EKD für Genderfragen in Kirche und Theologie“ in Hannover, das die „Integration von Genderaspekten in das kirchliche Handeln“ unterstützen sowie „Genderforschungsansätze aus verschiedenen Fach- und Forschungsgebieten“ auswerten und sie „für verschiedene Ebenen und Handlungsfelder der Kirche exemplarisch“ aufbereiten soll, kritisch betrachtet. Als ablehnend kann ebenfalls die Position von idea gegenüber der Einführung einer „Homosegnung“ in der EKD mit dem Ziel, die „Homotrauung“ zu etablieren, bezeichnet werden.

Es bleibt zu beobachten, ob idea unter der Leitung von Matthias Pankau in diesen, aber etwa auch in bioethischen Fragen an ihrer bisherigen Haltung festhalten wird. Matthias Pankau wuchs in Leipzig auf. Von 1995 bis 1997 absolvierte er sein Volontariat bei idea, rund sieben Monate davon berichtete er für den Nachrichtendienst aus den Vereinigten Staaten (New York). Anschließend studierte er bis 2004 Evangelische Theologie in Heidelberg, Leipzig und an der von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) getragenen Hochschule in Oberursel. Nach dem Vikariat baute er ab 2006 das idea-Redaktionsbüro Ost auf. Pankau ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.

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