Wo sind die Zeiten hin, da man einen Kommunisten noch für Lenin, einen Katholiken noch für den Papst verantwortlich machen konnte? Vorbei! Längst vergangen ist die Zeit, in der man noch wissen konnte, wes Geistes Kind einer ist, wenn er sich selbst als Katholik oder Lutheraner, als Sozialist, Christdemokrat oder Kommunist vorstellte. Nicht, dass der Konfessionalismus verschwunden wäre. Er ist jedoch in viele Fraktionen und Fraktiönchen zerbröselt. Nicht, dass die Ideologien einfach verdampft wären, denn das tun sie leider nicht. Erst recht kann keine Rede davon sein, dass das hochideologische Zeitalter der Moderne einer neuen Postmoderne der Vernunft Platz gemacht hätte.
Jenseits der wirklichen Wirklichkeit
Die Abenddämmerung des Zeitalters der Ideologien hätte zum Morgenrot einer Ära unideologischer Vernünftigkeit werden können. Sie mündete jedoch ins Morgengrauen einer subjektivistischen Patchwork-Ideologie. Kein Wunder, dass mit Papst Benedikt XVI. der klarste Kritiker der „Diktatur des Relativismus“ zum aufgeklärtesten Anwalt der Vernunft wurde
Von Stephan Baier