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Habermas erhält Deutsch-Französischen Medienpreis

Der Philosoph Jürgen Habermas hat den Großen Deutsch-Französischen Medienpreis 2018 für sein Lebenswerk erhalten.
Jürgen Habermas
Foto: dpa | Der Philosoph Jürgen Habermas hat den Großen Deutsch-Französischen Medienpreis 2018 für sein Lebenswerk erhalten.

Wie kein anderer habe sich Habermas durch sein leidenschaftliches Bekenntnis zu Europa, um die deutsch-französische und die europäische Verständigung verdient gemacht, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) einem Redemanuskript zufolge in seiner Laudatio am Mittwoch in Berlin. Deutschland, Frankreich und Europa hätten Habermas' „avantgardistischen Spürsinn für Relevanzen gerade heute bitter nötig“.

Habermas erhält den Preis den Angaben zufolge für sein „jahrzehntelanges Eintreten für die Demokratie“ und sein Engagement für Europa. Mit der Auszeichnung wolle die Jury ein Zeichen für Europa setzen, erklärte der verleihende Verein.

Zu Habermas' Lebenswerk zählt sicherlich auch seine allmähliche Einstellungsänderung gegenüber der Religion – von Ablehnung zum Wohlwollen. Jürgen Habermas hat sich in den letzten Jahren immer wieder zur großen Bedeutung der Religion für die moderne Gesellschaft bekannt.

Der Tenor gegenüber dem Phänomen Religion blieb dabei zwar kritisch-distanziert (Habermas selbst beschreibt sich bekanntlich als „religiös unmusikalisch“), wurde aber – zumindest im Hinblick auf die normative und soziale Funktion des Religiösen – zunehmend positiv; ein feiner Unterschied zur brachialen Missverstehenskultur des „Neuen Atheismus“.

Habermas schreibt der Religion Sinngehalte zu, für die eine „ethisch enthaltsame“ Wissenschaft keine Sprache hat: das Gespür für Verfehlung und Erlösung, Scheitern und Gelingen. Dort, wo sonst alles nur noch in Geldwerten bemessen wird, kann Religion Werte setzen, die dem Auftrag des Menschen zur Bewahrung der Schöpfung über den Tag hinaus gerecht werden.

Dabei ist insbesondere das Christentum wertsetzend, wie Habermas feststellt: „Das Christentum ist für das normative Selbstverständnis der Moderne nicht nur Katalysator gewesen. Der egalitäre Universalismus, aus dem die Ideen von Freiheit und solidarischem Zusammenleben entsprungen sind, ist unmittelbar ein Erbe der jüdischen Gerechtigkeit und der christlichen Liebesethik. In der Substanz unverändert, ist dieses Erbe immer wieder kritisch angeeignet und neu interpretiert worden. Dazu gibt es bis heute keine Alternative“, sagte er in einem Gespräch mit Eduardo Mendieta.

In seiner Rede bekräftigte Habermas, Europa brauche mehr Solidarität, die auf gegenseitigem Vertrauen basiere und nicht von vornerein vor allem ökonomisch konditioniert sei.

Der Medienpreis wird seit 1983 an Persönlichkeiten oder Organisationen vergeben, die sich in besonderer Weise um die deutsch-französische und europäische Einigung verdient gemacht haben, darunter sind Simone Veil, Helmut Schmidt, Valery Giscard d'Estaing, Volker Schlöndorff, Jean Asselborn und zuletzt die zivile europäische Hilfsorganisation „SOS Mediterranee“.

Die Mitglieder des verleihenden Vereins, darunter federführend der Saarländische Rundfunk, Deutschlandradio, ZDF, Arte, France Televisions und Deutsche Welle, würdigen zudem herausragende journalistische Arbeiten.

KNA / DT (Josef Bordat)

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