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Geplante EU-Urheberrechtsreform: Kritik und Unterstützung

Am heutigen Dienstag wird sich das EU-Parlament mit der Reform des Urheberrechts beschäftigen.
Demonstration gegen EU-Urheberrechtsreform in Berlin
Foto: Paul Zinken (dpa) | Streitpunkt Artikel 13: Protest gegen neues Urheberrecht in Berlin.

Seit mehr als drei Jahren haben sich Befürworter und Kritiker des neuen Urheberrechts eine hitzige Meinungsschlacht geliefert. Die Kommission und der Europäische Rat haben der Reform bereits zugestimmt, am heutigen Dienstag sind die 751 Abgeordneten des Europäischen Parlaments gefragt.

Worum geht es?

Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten hatten sich Mitte Februar auf einen Gesetzestext geeinigt. Zwei zentrale Punkte sind dabei Gegenstand der Debatte. Zum einen sieht Artikel 13 (in der aktuellen Version des Gesetzestextes nun Artikel 17) deutlich mehr Pflichten zum Urheberrechtsschutz für Plattformen wie YouTube vor. Der Einsatz von Upload-Filtern wird darin nicht explizit vorgeschrieben. Zum anderen ist mit Artikel 11 ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage geplant. Danach dürfen Suchmaschinen wie Google nicht mehr ohne weiteres kleine Artikel-Ausschnitte in ihren Suchergebnissen anzeigen.

Was wird kritisiert?

Kritiker fürchten, dass die Plattformen den Vorgaben dieses Gesetzes nur durch Upload-Filter nachkommen können, mit denen Texte, Musik oder Bilder noch vor dem Hochladen auf eine Website automatisch geprüft und gegebenenfalls blockiert werden können. Dadurch, so die Kritiker, drohe Zensur. Der Verein „Digitale Gesellschaft“ sieht darin auch keine Schutzfunktion für die Produkte der Kreativen: „Uploadfilter sind keineswegs geeignet, einen gerechten Interessenaustausch für die Verbreitung und die Entlohnung von Immaterialgütern im Netz zu schaffen. Notwendig sind sie dafür schon gar nicht.“

Ein einflussreicher Kritiker der geplanten EU-Urheberrechtsreform ist die deutsche Wikipedia: „Die geplante Reform könnte dazu führen, dass das freie Internet erheblich eingeschränkt wird. Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer Userinnen und User präventiv unterbinden (Artikel 13 des geplanten Gesetzes), was in der Praxis nur mittels fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar wäre. Zudem müssten alle Webseiten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten (Artikel 11). Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen.“

Und wer ist dafür?

Die Befürworter der Reform warnen vor einem „Totalausverkauf der Rechte von Kunst- und Medienschaffenden“: „Plattformen sollen Kreative fair und angemessen bezahlen, indem sie mit Lizenzen für das weltweite Repertoire arbeiten“, forderten über tausend Künstler in einem „Manifest für ein offenes und faires Netz“.

Die „Initiative Urheberrecht“, die von Schriftstellerverbänden (etwa „pen“ oder dem „Verband deutscher Drehbuchautoren“), Künstlervereinigungen („Deutscher Künstlerbund“, „Union Deutscher Jazzmusiker“ etc.) und Gewerkschaften (ver.di, DGB) getragen wird, weist zudem darauf hin, dass „nur kommerzielle Plattformen, deren Hauptzweck das Monetarisieren und Kuratieren von großen Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte ist, indem sie diese der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich machen“, eine Lizenz erwerben müssen. Wikipedia etwa ist von den geplanten Einschränkungen ausgenommen.

DT (jobo)

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