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Eine Studie als Hilfeschrei

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hat zusammen mit der Hochschule Koblenz und der Agentur Wolters Kluwer die Lage an deutschen Kitas untersucht.
Personalnot in deutschen Kitas
Foto: Arne Dedert (dpa) | VBE-Studie belegt dramatische Personalnot in deutschen Kitas.

Es war ein Hilfeschrei. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE), eine der zwei großen Bildungsgewerkschaften in Deutschland, hat zusammen mit der Hochschule Koblenz und der Agentur Wolters Kluwer eine Umfrage unter mehr als 2 600 Kita-Leitungen durchgeführt und das Ergebnis war der WELT folgende Hauptschlagzeile für die Seite eins wert: „In neun von zehn Kitas herrscht Personalnot“. Auch in anderen Medien, vor allem den öffentlich-rechtlichen, zeigte man sich überrascht, so als ob diese Umfrage ein gut gehütetes Geheimnis offenbart hätte. Dabei wird über den Personalmangel geredet, seit es die Krippen-Offensive gibt, also seit zwölf Jahren.

Die Wirklichkeit schlägt zurück

Die Studie ist wie ein Bumerang, die Wirklichkeit schlägt zurück. Der Befund der Umfrage mit dem Titel „Kita-Leitung in Zeiten des Fachkräftemangels“ ergibt zunächst in Zahlen: 3,6 Millionen Kinder in Deutschland seien betreuungsbedürftig, so viele wie noch nie. Hier zählt man offensichtlich die Kinder zwischen eins und sechs Jahren zusammen. Knapp die Hälfte der Einrichtungen sei aktuell unterbesetzt, rund 90 Prozent der Befragten Kita-Leitungen gaben an, im vergangenen Jahr zumindest zeitweise mit „bedenklich zu wenig Personal“ gearbeitet zu haben. „Statt sich auf ihre pädagogischen Kernaufgaben zu konzentrieren, können Fachkräfte gerade einmal eine Minimalbetreuung sicherstellen“, heißt es in der Studie.

Die Situation der Jüngsten ist kritisch

Besonders kritisch ist, so die Studie, die Situation bei den Kleinsten: Für unter Dreijährige wird laut VBE eine Fachkraft für drei Kinder benötigt. In rund 97 Prozent der Fälle ist die entsprechende Relation allerdings schlechter. Ein Fünftel weist sogar ein Verhältnis von nur 1 zu 8 oder noch schlechter auf. Auch bei den Ãœber-Dreijährigen seien viele Kitas von dem empfohlenen Schlüssel von 1 zu 7 weit entfernt. Dabei gilt: Je größer der Träger, desto mehr Stellen sind unbesetzt. Besonders betroffen von den Problemen seien Einrichtungen mit mehr als 100 Kindern. Hier komme es in rund 71 Prozent der Fälle zur Reduzierung von Angeboten und anderen Beeinträchtigungen. Kleinere Einrichtungen mit unter 20 Plätzen seien weniger stark betroffen (51,3 Prozent). „In größeren Einrichtungen ist die Personalfluktuation oftmals höher, weswegen nicht selten mehrere Stellen gleichzeitig besetzt werden müssen.“ Die Nachbesetzung offener Stellen dauere bei 70 Prozent aller Kitas im Durchschnitt mindestens drei Monate.

Was das im Erzieheralltag bedeutet und welche Rolle die Große Koalition in diesem Zusammenhang spielt, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 11. April 2019. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.

DT (jobo)

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Jürgen Liminski

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