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Ein kritischer Blick auf die Themen der Amazonas-Synode

Im Oktober findet im Vatikan die Amazonas-Synode statt. Wird sie wirklich eine „Zäsur“ für die Weltkirche sein? Stefan Ahrens blickt auf die Themen, die verhandelt werden sollen.
Menschen in einem Boot auf dem Amazonas.
| Um den Amazonas und seine Menschen soll es bei der Bischofsyynode im Oktober gehen. Doch was heißt das aus katholischer Sicht?

Erlebt die katholische Kirche in diesem Jahr einen „goldenen Oktober“ oder steht ihr vielmehr bald ein „heißer Herbst“ bevor? Diese Frage entzündet sich ausgerechnet an einem Landschaftsgebiet, das einerseits seit geraumer Zeit immer wieder Berühmtheiten wie Alexander von Humboldt oder Sting fasziniert hat, zum anderen auch noch (Papst Franziskus wird’s freuen) geografisch und theologisch „an den Rändern liegt“ – aber ansonsten gerade einmal vier Millionen Gläubige umfasst: das Amazonas-Gebiet.

Dieses Gebiet bedeckt fast die gesamte nördliche Hälfte des Kontinents Südamerika und gilt als eines der wichtigsten Ökosysteme der Welt – gleichzeitig umfasst es neun kirchliche Regionen: Bolivien, Brasilien, Ecuador, Peru, Kolumbien, Venezuela, Französisch-Guayana, Guayana und Suriname. Vom 06. bis zum 27. Oktober wird unter dem Titel „Amazonien: Neue Wege für die Kirche und die integrale Ökologie“ im Vatikan eine Synode zu eben dieser Landschaft und ihren Gläubigen stattfinden. Gesprächsthema soll dann drei Wochen lang die seelsorgerische und ökologische Lage der verstreut lebenden Gläubigen und der mehrheitlich indigenen Bevölkerung im äußerst weitläufigen Amazonasgebiet sein – so heißt es jedenfalls. Denn bereits im Vorfeld vermuten Beobachter, dass es bei dieser Synode – einer Herzensangelegenheit von Papst Franziskus – unter den Aspekten der Seelsorge und der Ökologie noch um ganz andere, weitreichendere Themen gehen könnte, die die gesamte Weltkirche betreffen dürften.

Was heißt es, auf die Indigenen vom Amazonas zu hören?

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So wird angesichts des dünn besiedelten Gebietes mit dessen weit verstreuten Gemeinden darüber spekuliert, ob es bei der Amazonas-Synode zu einer – zumindest teilweisen - Lockerung des Zölibats für Priester im Amazonas-Gebiet kommen wird, ja sogar kommen muss. Der angeführte Grund: Meist gibt es zu wenige Priester, um die Seelsorge für alle Gläubigen sicherzustellen – eine Lösung hierfür könnten, so meinen manche, sogenannte „viri probati“ sein, also lebenserfahrene, aber verheiratete Männer, die zu Priestern geweiht werden, um den Problemen zu begegnen. Und mit Blick auf die mehrheitlich indigene Bevölkerung im Amazonas-Gebiet betonte Papst Franziskus immer wieder, wie wichtig die Erfahrung der indigenen Völker Amazoniens sowohl für die Kirche wie für die ganze Menschheit sei. Die Synode sei demnach auch eine Möglichkeit, die als naturverbunden – und damit als äußerst zeitgemäß - geltende Spiritualität dieser indigenen Urvölker besser kennenzulernen. Oder wie es im „Instrumentarium laboris“ zur Amazonas-Synode heißt: „Es ist Zeit, auf die Stimme Amazoniens zu hören…“ (Nr. 43).

Der Anspruch dieser Synode, also seelsorgerische und ökologische Hilfestellungen für die Menschen im Amazonas-Gebiet zu erörtern, wird scheinbar mit jedem näherrückenden Tag des Synodenbeginns immer weiter ausgedehnt. Auf einmal scheint nicht mehr nur die Zukunft der Gläubigen Amazoniens, sondern die  des ganzen Weltepiskopats  vom Ausgang dieser Regionalsynode abzuhängen. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck ist sich bereits jetzt sicher, dass die Amazonas-Synode zu einer „Zäsur“ in der gesamten Weltkirche führen werde. „Nichts wird mehr sein wie zuvor“, sagte der für das katholische Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat zuständige Ruhrbischof im Mai vor Journalisten in Essen. Denn bei der Amazonas-Synode stehe auch die hierarchische Struktur der Kirche genauso auf dem Prüfstand wie ihre Sexualmoral und das Priesterbild. Auch die Rolle der Frau in der Kirche müsse überdacht werden, so Overbeck. Man sieht: Ziemlich viele Fässer, die da auf einer einzigen Regionalsynode scheinbar aufgemacht werden sollen.

DT/mee

Wenn Kirche und Amazonas verschmelzen – Lesen Sie den ganzen Text in der Ausgabe der „Tagespost“ vom 18. Juli 2019.

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