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Die ewigen Dissidenten

Trotz einiger innerer Spaltungen ist die Glaubenspraxis des slowakischen Katholizismus unhinterfragt klassisch geblieben. Nach zwölf Jahren in der Slowakei fällt die Reintegration in Österreichs Kirche schwer.
Blick auf Bratislava
Foto: Jakub Gavlak (EPA) | Trotz einiger innerer Spaltungen ist die Glaubenspraxis des slowakischen Katholizismus unhinterfragt klassisch geblieben.

Ein österreichischer Katholik, der ostwärts über den Grenzfluss March zieht, reibt sich zunächst einmal die Augen: In der vorösterlichen Zeit sieht er vor den Kirchen lange Schlangen alter und junger Menschen, die nicht etwa um Freibier anstehen, sondern um das Sakrament der Buße. Handkommunion und Ministrantinnen sind unbekannt, Wallfahrten wie jene auf den Leutschauer Marienberg ziehen Hunderttausende der 3,3 Millionen slowakischen Katholiken an und die größte Demonstration in der Geschichte des Landes ist der von der Bischofskonferenz mitorganisierte „Marsch für das Leben“.

Trotz einiger innerer Spaltungen ist die Glaubenspraxis des slowakischen Katholizismus unhinterfragt klassisch geblieben. Einige der für den deutschsprachigen Raum typischen Debatten wurden zwischen Donau und Tatra nie geführt. Als die „Pfarrerinitiative“, der sich in Österreich über 400 „ungehorsame“ Priester und Diakone angeschlossen hatten, in die Slowakei zu expandieren versuchte, fanden sich gerade mal ein oder zwei Kontaktpersonen.

Der Autor dieses Beitrags lebte zwölf Jahre in der Slowakei und stellt nun fest, wie schwer ihm die Reintegration nach Österreich – und in Österreichs Kirche – fällt. Diese Entfremdung hat wohl viel damit zu tun, dass er in der Slowakei unter die Besten der Besten geraten ist – unter Dissidenten der Untergrundkirche. Diese nahmen ihn sogar in den Redaktionsrat ihrer Vierteljahresschrift „Impulz“ auf.

Ihre Prinzipienfestigkeit und ihre Lust am Widerspruch haben ansteckende Wirkung. Wenn sie Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhang ein Buch herausbringen, ruft plötzlich einer am Tisch: „He, wollen wir es nicht als Samisdat drucken und über die Grenze schmuggeln?“ Ein Witz bei gutem Brandy – aber ihre Augen leuchten.

Wie der Schriftsteller Martin Leidenfrost die Dissidenten der slowakischen Untergrundkirche wahrnahm, erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 31. Januar 2019. Kostenlos erhalten Sie diese Ausgabe hier.

DT

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