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Die Menschen wieder zum Glauben führen

Sinn, Zweifel, Lebenslust: In Regensburg wurde das neue Mitgliedermagazin für das Bistum, GRANDIOS, vorgestellt. Von Alexander Riebel
GRANDIOS, das Mitgliedermagazin für das Bistum Regensburg
Foto: Bistum Regensburg | GRANDIOS, das Mitgliedermagazin für das Bistum Regensburg, spielt im Titel auch auf die spanische Bedeutung von großer Gott an.

Es ist wirklich grandios! So hat Kirche nicht nur engen Kontakt mit den Gläubigen, sondern auch zu denen, die sich vom Wort Gottes entfernt haben. Das ist das Konzept von GRANDIOS, dem Magazin für Menschen aus dem Bistum Regensburg, das jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. GRANDIOS will Brücken bauen zu denen, die nach Sinn suchen und nach ihrem Platz in der Gesellschaft. Dabei wollen die Artikel überraschen und führen die Leser auf ganz andere Fährten als die des Zeitgeistes, der immer wieder kritisch hinterfragt wird. Herausgeber des zweimal jährlich erscheinenden Magazins ist die Diözese Regensburg, für den Inhalt verantwortlich ist Clemens Neck, Leiter der Bischöflichen Presse- und Medienabteilung. Zur Redaktionsleitung gehören Tobias Liminski sowie der langjährige Chefredakteur und Geschäftsführer der Tagespost, Markus Reder.

Das Magazin will alle Menschen im Bistum erreichen

Am Donnerstag hat das engere Team GRANDIOS im Regensburger Presseclub vorgestellt. Der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs hob dabei hervor, dass wir in Begegnungen leben und mit den Menschen ins Gespräch kommen wollen. Fuchs, der Auftraggeber des Projekts, wie ihn Clemens Neck in seiner Begrüßungsansprache bezeichnete, zitierte ein Wort von Alfred Delp, dass ein Seelsorger sei, wenn ein Bettler einem anderen sage, wo es etwas zu essen gibt. Das Bild könnten wir auch auf uns anwenden, sagte der Generalvikar, nämlich in den Fragen, „Was kann ich leisten?“, „Wo bleibe ich auf der Strecke?“, „Gestalten wir auch wirklich das Reich Gottes?“

„Leistung“ ist auch das Thema des ersten Magazins, das kostenlos ist und erweitert im Internet zur Verfügung steht. Das Titelbild zeigt eine Jugendliche, die sich auf einem scheinbar viel zu dünnen Balancierband von einer blauen Fläche – dem Himmel? – in den Vordergrund wagt. Das Bild symbolisiert genau die Brücke zwischen dem wahren Leben und dem, bei dem man leicht abstürzen kann. Und über dem Titel GRANDIOS steht „Es geht um Dich“. Das ist die Botschaft des Magazins. Es geht um den Einzelnen, der sich in den Porträts, Gesprächen oder Analysen erkennen kann und wertvolle Hinweise für die Verbesserung seines Lebens bekommt. Vor allem seien es Themen, die nicht in der Zeitung stehen. Der Magazintitel GRANDIOS, erklärte Generalvikar Fuchs, deute zum einen auf das Staunen der Menschen über die Lebenswirklichkeit hin, das spanische GRAN DIOS bedeute aber auch großer Gott – man soll groß von Gott denken, von seiner großen Barmherzigkeit und seiner großen Weite.

Presseleiter Clemens Neck hob die Einzigartigkeit von GRANDIOS hervor. Zwar gebe es bereits viele Ideen zu Mitgliedermagazinen wie in Hildesheim, Köln oder Bamberg. Aber die Verteilung der Hefte in Regensburg sei einzigartig: „Sie werden über die Pfarreien verteilt, von denen schon 450 zugesagt haben.“ Die Pfarreien wenden sich jetzt mit den 100 000 Exemplaren der Erstauflage direkt an die Menschen, indem Gläubige etwa in der Freiwilligen Feuerwehr die Magazine verteilen, an Eltern von Firmlingen oder in Schulen. Es gibt viele Möglichkeit der Verteilung: „Wir sind im Bistum gespannt, wie die Pfarreien das umsetzen“, sagte Neck. Als Endpunkte würden so nicht nur existenzielle Fragen gestellt, sondern Kontaktimpulse gesetzt. So könne man den Gesprächsfaden zu denjenigen wieder aufnehmen, die sich nicht mehr von der Kirche angezogen fühlen. Die eigentliche Zielgruppe seien nach Neck jüngere Erwachsene im Alter von 18 bis 45 Jahren, aber auch Ältere könnten Anknüpfungspunkte finden.

Auf die lesernahen Interviews etwa mit dem Media Markt-Gründer Walter Gunz oder mit der Fußballtrainer-Legende Heiko Herrlich hat Markus Reder in seiner Ansprache in Regensburg hingewiesen. Gunz zeige, was Leistung und Erfolg wirklich bedeuten, und was glücklich macht – es seien nicht die technischen Errungenschaften. So möchte GRANDIOS die Menschen über Existenzthemen erreichen und Zeuge sein, wie Reder ausführte.

„Geld und Gewinn dürfen nicht das Ziel eines Unternehmens sein“, heißt die auf den ersten Blick provokante Überschrift zum Interview, das Tobias Liminski und Markus Reder mit Walter Gunz geführt haben. Als Leistung möchte Gunz seinen Erfolg nicht sehen, er sei nur oft „zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle gewesen“. Freiheit sei das Grundmotiv seiner Arbeit. „Vertrauen, Dezentralität und Eigenverantwortung waren entscheidende Punkte. Das ist eigentlich schon die ganze Idee“, erklärt Gunz sein Konzept, der einmal Philosophie studiert hat. Die Sinnfrage im Unternehmen ist ihm wichtiger als Geld oder Glück, die sich nicht erzwingen ließen.

Klare Auseinandersetzung mit den Gefahren des Zeitgeistes

Im Zentrum aber steht für den Unternehmer der Katholizismus, zu dem er im Alter von 30 Jahren konvertiert ist – gegen den Widerstand seiner Familie: „Das ist das Schöne am katholischen Christentum: die sakramentale Vergebung und die Gnade Gottes. Auch der Glaube an Wunder, dass die Hostie bei der Eucharistie der Leib Christi ist, und nicht nur ein Symbol dafür, hat mich zum katholischen Glauben bewegt.“ Dem Philosophen Ferdinand Ulrich verdanke er die Erkenntnis der „wesentlichen Dinge des christlichen Glaubens“. Das Fundament der Welt, Liebe, sei nur möglich wenn es Freiheit als Grundlage der Liebe gibt. Darum war für Gunz immer die Frage bei der Neueinstellung von Angestellten in sein Unternehmen: „Versteht er unsere Philosophie der Freiheit, liebt er seine Arbeit?“ Scheitert dieser Anspruch, könne Burn-out die Folge sein als Ergebnis einer falschen Unternehmensführung: „Burn-out entsteht nur dann, wenn man unfrei ist.“

Es lohnt sich also, ins Gespräch zu kommen, und genau das will GRANDIOS als Türöffner für den Einblick in das Leben von Zeugen und Vorbildern. Sehr lesenswert ist auch der Beitrag über die Hochzeit, die heute allzu oft nur noch ein Hochleistungsevent ist. Steht der Aufwand für die moderne Hochzeit überhaupt für das, um was es dabei geht? Sicher nicht, wenn sich das Brautpaar schockgefrorene Schmetterlinge wünscht, die im richtigen Augenblick mit neuem Leben die Hochzeitsgesellschaft erfreuen sollen. Aber auch andere scheinbare Kleinigkeiten verkennen den kirchlichen Hintergrund der Trauung. So, wenn es immer mehr Brautpaaren wichtig ist, dass der Brautvater die Braut in die Kirche zum Altar führt. Dabei ist doch das Sakrament der Ehe das einzige, das sich zwei Menschen gegenseitig spenden. Der Pfarrer sollte also die beiden Brautleute am Eingang der Kirche abholen und gemeinsam zum Altar führen. „Die Kirche “, heißt es in dem Artikel, „ist lediglich Zeuge dieses Eheversprechens. Erst durch die Anwesenheit des Priesters und den geweihten Ort der Kirche nehmen die Brautleute Gott mit in diesen Bund auf. Die sogenannten ,Konsensfragen‘, die unauflösliche, neue Einheit des Paares, die grundsätzliche Bejahung von Kindern, all das rücke immer mehr in den Hintergrund“, auch wenn es doch die essenziellen Eheversprechen seien. Darum ist auch die Ehevorbereitung mit grundlegenden Gesprächen unverzichtbar, um nicht die Dinge des Glaubens mit dem Zeitgeist zu vermischen.

Die Beurteilung des Zeitgeistes gehört damit zu den brennenden Problemen der Gegenwart und dieser Frage gibt das Magazin breiten Raum. „Ist die Kirche fortschrittsfeindlich? Droht tatsächlich eine ,Diktatur des Zeitgeistes‘“ – solche Fragen stellten sich in einem Gespräch der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs und die Zeitgeist-Forscherin Kirstine Fratz. Der hochinformative Beitrag „Zeitgeist trifft Ewigkeit“ macht deutlich, wie der Zeitgeist suggeriert, zu einem gelungenen Leben zu führen, wenn man ihm nur folgt. Dabei müsse man nicht generell gegen den Zeitgeist sein, erklärt Fuchs; es sei wichtig, genau zu sehen, welche Versprechen der Zeitgeist einhalten könne und welche nicht. Der Zeitgeist sage uns, „was wir zu tun haben, um Anerkennung zu bekommen. Nachhaltig ist der Zeitgeist nicht. Er ändert sich ständig. Darum ist eine kritische Auseinandersetzung notwendig“, ergänzte Fratz. Darum beantwortet der Zeitgeist nach Auffassung des Generalvikars die wirklich wichtigen Fragen nicht: „Es ist unsere Aufgabe, aus der christlichen Botschaft heraus Antworten zu geben... Wir bieten nicht irgendeine Weisheitslehre oder eine Theorie, sondern die Begegnung mit dem lebendigen Gott, in der Person Jesus Christus.“ Auch das Relaxen, das der Zeitgeist nahelegt, sei keineswegs eine christliche Idee. Vielmehr habe Jesus aufgefordert, hinaus bis an die Grenzen der Welt zu gehen. Bei solch einem Missionsauftrag sollten wir uns nicht erst einmal zurücklehnen und relaxen, sagte Generalvikar Fuchs.

Dass „Familien die Bringer der Gesellschaft“ sind, ist ein weiterer der insgesamt glänzenden Beiträge, ebenso wie „Schulstress: Finger weg von Psycho-Pillen“, den der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus verfasst hat.

Das bilderstarke Magazin enthält auf 114 Seiten mehr als 70 Farbfotos. Mit dem Tablet-Format von 17 mal 24 Zentimetern ist das Magazin auch der ideale Begleiter für unterwegs, mit seinem festen Papier liegt es angenehm in der Hand. Auf der Internetseite gibt es darüber hinaus auch Interviews in Videos, Hintergrundberichte, Podcasts oder Bildergalerien. Häufig sind zu den Beiträgen noch Ergänzungen oder Videomaterial auf der Internetseite zu finden. Das Bistum wird mit dem Magazin wieder einen großen Schritt lebensnaher, wie es sich auch auf www.zahlengesichter.de größtmögliche Transparenz gibt. Insgesamt umfasst das Team etwa 30 vornehmlich freie Mitarbeiter, vier sind beim Bistum angestellt. Und so viel darf schon verraten werden – das nächste Magazin erscheint Ende Mai 2018 und wird das Thema „Hoffnung“ haben, eine weitere Ausgabe erscheint wieder Ende November.

www.Grandios.online

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