Im Fall Kleist spielt die Persönlichkeit des Dichters eine wesentliche Rolle. Er fühlte sich unsicher, unter Mitstudenten isoliert und schrieb im Abschiedsbrief an seine Schwerter Ulrike, dass ihm auf Erden nicht zu helfen war. Als welchen Menschen muss man sich Kleist vorstellen? Schwankend. Schwankend zwischen allen Extremen menschlicher Leidenschaften, zwischen Hybris und Unterlegenheitsgefühl, großen Kreativitätsschüben und tiefer Niedergeschlagenheit, zerrissen, immer ambivalent, nie eine Mitte findend – also gleichsam das klassische Ideal des Menschen permanent verfehlend: das war Kleist als Mensch, und das war er auch in seinen Texten. Die existenziellen Eruptionen, die Kleist aus seinem Inneren kannte, sind auch Thema in ...
Die Disziplinierung der Affekte abgelehnt
Der Präsident der Freien Universität Berlin und Professor für Neuere deutsche Literatur, Peter-André Alt, zum 200. Todestag Heinrich von Kleists. Von Alexander Riebel