Zwei Diktaturen hat Deutschland überlebt. Doch in Berlin-Marzahn scheint sich die Geschichte alljährlich zu wiederholen. Pünktlich zum ersten Mai, dem „Tag der Arbeit“, stehen sich dort links- und rechtsradikale Gruppen hasserfüllt gegenüber. Mit Plakaten und Trillerpfeifen, begleitet von Hundertschaften der Berliner Polizei, die regelmäßig auf Verstärkung aus anderen Bundesländern angewiesen ist. Das Schauspiel ist immer wieder dasselbe. Glatzköpfige junge Männer in Springerstiefeln, roten Schals und schwarzen Hemden marschieren schweigend durch Marzahner Wohngebiete, im Schlepptau grün-weiße Mannschaftswagen und sogenannte „Deeskalationskräfte“. Statt Helm und Pistole tragen diese gelbe Kappen und kleine ...
Der missbrauchte Tag
Bei den Nazis und den Kommunisten hatte der 1. Mai, der „Tag der Arbeit“, eine große Bedeutung. Sie nutzten ihn für ihre verbrecherischen Ideologien. Die Arbeiter, um die es eigentlich gehen sollte, spielten nur eine Nebenrolle. Auch heute steckt dieser Tag in einem Kraftfeld ideologischer Spannungen. Von Benedikt Vallendar