Mit Blick auf das friedliche Treiben auf den Fanmeilen bei der Heim-WM 2006 – dem „Sommermärchen“ – bemerkte Franz Beckenbauer, so habe sich der „liebe Gott das vorgestellt“. Das mit den Menschen. Der ehemalige FIFA-Chef Joseph Blatter meinte gar: „Fußball ist mehr als eine Religion, mehr als alle Religionen zusammen“.
Gläubige Fußballer zeigen unterdessen oft ihre Zugehörigkeit zu Jesus Christus – im Kreuzzeichen, im Gebet und manchmal auch auf T-Shirts oder Stirnbändern. Der FIFA, oberste Gralshüterin des Fußballs, gefällt das nicht. Sie hat religiöse Bekenntnisse im Stadion untersagt. Der Fußball soll rein bleiben. Und dazu muss die Religion raus. Also: Jede andere Religion.
So ganz gelingt das nicht. Beim Einlaufen und bei Auswechslungen, nach Toren oder gehaltenen Elfmetern und vor allem nach siegreichen Partien bekreuzigen sich viele Spieler oder recken in Dankbarkeit die Hände gen Himmel. Der FIFA ist das peinlich. Der Spruch „100% Jesus“ auf Neymars Stirnband, das der damals beim FC Barcelona aktive Brasilianer nach dem gewonnenen Champions League-Finale 2015 trug, wurde auf Fotos nachträglich wegretouchiert. Ein neues Gebot gibt die FIFA der Welt: „Du sollst keine Götter neben mir haben“.
Die Fans sagen: „Amen!“ Die Vereine, denen sie anhängen, sind in ihren Augen ohnehin Glaubensgemeinschaften. Sie erfassen die Totalität der Lebensvollzüge, bisweilen weit stärker, als eine oberflächlich gelebte Religion das je könnte. Es gibt Menschen, die schlafen in Bayern-Bettwäsche und wachen unter einem Lewandowski-Poster auf. Gelebte Hingabe in jedem Augenblick des Daseins. Wie im Kloster.
Diese Spannung des Fußballsports zwischen Ersatzreligion und Missionsgebiet beleuchten Beiträge in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 14. Juni. Alles, was sich über die Fußball-WM aus katholischer und kultureller Sicht zu wissen lohnt, erfahren sie dort. Und dann haben Sie noch die Möglichkeit, uns Ihren Titelfavoriten zu nennen, in unserer laufenden Umfrage.
DT (Josef Bordat)