Frühsexualisierung, Ehe für alle, Kinderrechte – die traditionelle Familie muss sich heute Herausforderungen wie noch nie stellen. Der Jammer über die vermeintlich „bunte“ Beglückung ist in bürgerlichen Kreisen groß. Selten geht konservative Familienpolitik jedoch über das Stadium von Kritik und Analyse hinaus. Das Familienbündnis „Demo für alle“ möchte es besser machen. Ihre Vorsitzende, Hedwig von Beverfoerde, hat am 15. Februar zum Symposion eingeladen. Das Motto „Familie am Abgrund – Ursachen und Auswege“ fasst ernste Bestandsaufnahme und mögliche Lösungen zusammen. 500 Teilnehmer folgten dem Ruf und nahmen an der Tagung im schwäbischen Böblingen teil.
Den Auftakt bildete der Vortrag von Jörg Guido Hülsmann. Der libertäre Ökonom von der französischen Universität Angers betrachtete auf kritische Weise die historische Entwicklung des modernen Staates, dessen Sündenfall in der Abkopplung vom Naturrecht liege. „Familienzerstörende Staatseingriffe“ seien in den kommunistischen Diktaturen gezielt ausgeführt worden, fänden in den westlichen Demokratien dagegen fast unabsichtlich durch Wohlfahrtsstaat und feministische Familienpolitik statt.
Geld allein reicht noch nicht für eine Wende in der Familien- und Lebensschutzpolitik
Imre Téglásy, der Direktor von „Human Life International Hungary“, stimmte zwar hinsichtlich der zerstörerischen Erfahrungen im Kommunismus zu, hob allerdings auch die positiven Impulse hervor, die der Staat in seiner Heimat Ungarn leiste. Die Regierung von Viktor Orbán subventioniere den Autokauf von Familien, stellt ihnen Allzweckdarlehen zur Verfügung und erlasse Müttern die Einkommenssteuer ab dem vierten Kind. Geld allein reiche jedoch nicht aus, um eine allgemeine Wende in der Familien- und Lebensschutzpolitik zu bewirken: „Vielmehr ist es notwendig, eine Kultur des Lebens zu schaffen und in der gesellschaftlichen Breite eine Pro-Life-Mentalität zu fördern.“ Téglásy ist selbst Abtreibungsüberlebender.
Der Wiener Psychotherapeut und Psychiater Raphael Bonelli legte seinen Akzent dagegen auf die inneren Werte, die den Zusammenhalt in der Familie stärkten. „Was den Menschen korrumpiert, ist der Mangel an Selbsttranszendenz. Wir brauchen aber Selbsttranszendenz, damit Familie funktioniert“, erklärte Bonelli und betonte den Wert der klassischen Kardinalstugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Maß. „Wenn Kinder merken, dass Mama und Papa wirklich niederknien, sogar der Papa, vor dem Wahren, Schönen, Guten, vor Gott. Dann merken sie, das ist glaubwürdig.“ Die 68er hätten diese Ordnung zerstört, ohne vergleichbare Werte anzubieten, was nicht ins Glück, sondern in „völlige Verzweiflung“ geführt hätte.
Frauen, die sich nicht dem Druck der Berufstätigkeit beugen wollten, galten in der DDR als "Schmarotzer"
Mit Hubertus Knabe, dem ehemaligen Direktor der Gedächtnisstätte Berlin-Hohenschönhausen, warf ein Historiker nochmals einen dezidierten Blick auf die deutsche Vergangenheit. Die Folgen einer Rundumversorgung für Kinder und einer angestrebten Vollbeschäftigung von Frauen hätten in der DDR zu einer der höchsten Scheidungsraten der Welt geführt. „Scheidung in der DDR war billig und unproblematisch und führte selten zu finanziellen Einbußen“, so Knabe. Frauen, die sich nicht dem Druck der Berufstätigkeit beugen wollten, wurden als „Schmarotzer“ dargestellt. Die Stasi habe gezielte Entweihung von Ehen und Familien betrieben.
Am Nachmittag stellten sich drei Initiativen vor, um das Bild abzurunden. Sabine Weigert stellte die „Initiative Elternaktion“ vor, die sich an Eltern richtet, um ihre Kinder vor übergriffigen Sexualprogrammen an den Schulen zu schützen. Christel und Christian Steinbacher präsentierten „Team. F – Neues Leben für Familien e. V.“, ein Projekt, das Familien „ein starkes Fundament durch gute Beziehungen“ geben will und jährlich 250 Seminare veranstaltet. Die Autorin Jenniffer Ehry-Gissel erzählte in einem Video über ihren Alltag in der Eigenbetreuung und stellte die Unterschiede zur Fremdbetreuung heraus.
Obwohl die Veranstalter den Tagungsort erst kurz vor Eröffnung des Symposiums bekannt gegeben hatten, fanden sich rund 100 Gegendemonstranten vor der Legendenhalle ein. 150 Polizisten sicherten die Umgebung ab. Christoph Michl, Geschäftsführer der Initiative Christopher Street Day Stuttgart beklagte, dass die Konferenzteilnehmer ein „Weltbild, das von gestern ist“ repräsentieren würden und „das Rad der Zeit zurückdrehen“ wollten. Bei so viel Zuspruch von der Gegenseite kann sich Beverfoerde nur bestätigt fühlen. Ihr Fazit: „Das Symposium macht in diesem Gesamtüberblick sehr deutlich, wie wichtig einerseits der Kampf für eine freiheitliche und familienfreundliche Politik und andererseits das Engagement jedes Einzelnen für seine eigene Familie ist.“
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