Emmaus-Nikopolis wurde bereits im 4. Jahrhundert als der Ort gedeutet, an dem Jesus gemäß dem Evangelium nach Lukas am Tag seiner Auferstehung das Brot mit zwei Jüngern brach. Dort kann man heute noch Überreste eines großen Kirchenkomplexes aus byzantinischer Zeit sehen. Doch diese heilige Stätte, die von der Gemeinschaft der Seligpreisungen verwaltet wird, liegt ca. 30 km von Jerusalem entfernt, während die Bibel eine Distanz von nur 11 km angibt.
Der Streit um Emmaus ist neu entbrannt
Ein von dem Archäologen Israel Finkelstein und dem Bibelwissenschaftler Thomas Römer gefundene Mauer, die in der hellenistischen Zeit renoviert und verstärkt wurde, könnte nun die bereits seit dem Mittelalter diskutierte Frage nach der richtigen Lokalisierung von Emmaus neu entbrennen lassen. Sie argumentieren, dass diese in Kiriat Yearim, 13 km westlich von Jerusalem, gefundene Mauer ein materieller Hinweis auf die im ersten Buch der Makkabäer erzählte Befestigung judäischer Städte durch den seleukidischen General Bakchides sei. In 1 Makk 9,50 wird als eine dieser Städte Emmaus genannt.
Exegetische und archäologische Kritik
Bruder Anton Magrachov von der Gemeinschaft der Seligpreisungen hat im Gespräch mit der Tagespost die Argumentation der Ausgräber sowohl aus exegetischer als auch aus archäologischer Perspektive deutlich kritisiert. Und Pater Franz von Sales, der Prior der Gemeinschaft in Emmaus-Nikopolis erklärte gegenüber der Tagespost: „Es ist gut, dass durch die wissenschaftliche Diskussion der Ort Emmaus, in die Schlagzeilen kommt. Wir beten hier an einem Ort, der seit der Antike vielen Gläubigen heilig ist. Doch man darf bei aller Diskussion auch nicht vergessen, worum es bei Emmaus geht: Im Mittelpunkt stehen nicht die Steine, sondern das Gedächtnis an Jesus Christus, der am Tag seiner Auferstehung mit zwei Jüngern die Heilige Schrift auslegt und mit ihnen das Brot bricht.“
DT/tms
Der lange Streit um die Lage des Ortes Emmaus. Lesen Sie die ausführliche Darlegung aktueller Entwicklungen in dieser Frage aus der Feder von Jerusalem-Korrespondent Till Magnus Steiner in der Ausgabe der Tagespost vom 12. September 2019.