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Lavinja Jürgens: Auf dem Sprung mit Gott

Die Leichtathletin Lavinja Jürgens ist auf dem Weg nach oben. Ihr Glaube gibt ihr Kraft.
Lavinja Jürgens
Foto: Dominik Berchtold | Ob Hochsprung oder Weitsprung: Lavinja Jürgens hat ein solides religiöses Fundament.

Es war schon ein komisches Jahr für Sportler: Keine Wettkämpfe, die Ungewissheit, wann das nächste Turnier stattfindet und als sie schließlich ihr Können wieder beweisen durften: leere Stadien. Das war auch bei der 20-jährigen Leichtathletin Lavinja Jürgens nicht anders: „Dass wir keine Zuschauer hatten, war natürlich schade, weil man als Sportler schon genießt, wenn man angefeuert wird. Aber als man sich daran gewöhnt hat, war man einfach froh, dass Wettkämpfe überhaupt stattfinden können“, sagt sie gegenüber dieser Zeitung.

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Wettkampferfahrung hat das junge Talent schon einige: Die aus dem Allgäu stammende Sportlerin hat bei der U18 WM 2017 in Nairobi Bronze geholt, sowie letztes und dieses Jahr bei der Deutschen Meisterschaft in Berlin. Als sie 2019 gegen die anderen Spitzensportler antrat, schaffte sie auch ihren neuen Bestwert im Hochsprung: mit 1, 86 Metern flog der Lockenkopf über die Latte. Den Wettkampf unter den besten Sportlern Deutschlands beschrieb die Leichtathletin als eine der prägendsten Erfahrungen ihrer jungen Karriere: „Man hat die Unterstützung total gespürt, weil das ganze Olympiastadion einen angefeuert hat. Das war einfach ein Gänsehautmoment.“

Das Gebet hilft bei mentaler Belastung

In solchen Momenten sei aber auch die mentale Belastung sehr hoch: „Da hilft mir dann das Gebet total, dass ich runterkomme und ruhig bleibe.“ Für ihren Glauben, den Jürgens nach Außen hin offen bezeugt, wird sie teilweise von anderen Sportlern schräg angeschaut. Viele sind aber auch selbst gläubig: Jürgens ist Teil einer Whatsapp-Gruppe, in der sich christliche Athleten gegenseitig Glück für die Wettkämpfe wünschen und füreinander beten.

Doch der Glaube ist nicht nur in Stresssituationen eine Hilfe für Jürgens: Obwohl neben Sport und Studium nicht mehr viel Zeit für anderes bleibt, nimmt sich die 20-jährige Freikirchlerin Zeit für den Gottesdienst am Sonntag. Darin, auch sonntags, an Wettkämpfen teilzunehmen, sieht die Bronze-Gewinnerin aber keinen Konflikt mit dem dritten Gebot. „Ich finde, in der Bibel klingt das eher so, dass man nicht diese harte Arbeit machen soll, die einen stresst. Ich sehe den Sport aber als etwas Positives.“ Da die Leichtathletin ihr Hochsprung-Talent als Geschenk Gottes ansieht, „will ich das gut einsetzen und nutzen – das allein ist schon ein guter Grund für mich, dass man dafür kämpft.“

Vollstipendium in den USA

Für ihr Talent musste Jürgens in der Corona-Zeit tatsächlich kämpfen: Da die Sportplätze und Krafträume anfangs geschlossen waren, musste sie auf alternatives Training ausweichen. Eine weitere Hürde für Jürgens war eine Blessur, die sie sich am linken Sprungbein zugezogen hatte. „Durch die Wettkämpfe ist die Entzündung noch wesentlich schlimmer geworden. Deswegen hab ich dann nach den Deutschen Meisterschaften die Saison beendet.“ Für den Fall, dass die plötzlich keinen Sport mehr machen können sollte, hat sie sich bereits Gedanken gemacht. „Natürlich wäre ich geschockt und enttäuscht, aber wenn das passieren sollte, hat Gott das im Blick und einen Plan, wie ich damit umgehen sollte“, sagt die 20-Jährige zuversichtlich.

Das harte Training bisher zahlte sich aber aus: Lavinja erhielt 2019 ein Vollstipendium für den Studiengang Kriminologie in den USA. „Weil Studium und Sport in einem sind, hat der Sport einen ganz anderen Stellenwert in Amerika und die Sportler werden an den Unis sehr gelobt“, berichtet sie über die Unterschiede zwischen dem Leben in den USA und Deutschland. Außerdem sei es für die 1, 89 Meter große Blondine ungewohnt gewesen, zum ersten Mal in ihrem Leben einen richtigen Trainer zu haben, da sie bisher von ihrer Mutter Cora Jürgens trainiert wurde.

Die Mutter als Trainerin

Obwohl ursprünglich geplant war, dass die Bronze-Medaillen-Gewinnerin bis zu ihrem Bachelor in Amerika bleibt, endete das Abenteuer schneller als gedacht: Jürgens war bei den Nationals, den Meisterschaften der USA, angemeldet. Die Vorfreude und Spannung war groß. Doch am Tag, bevor sie starten sollte, kam die Enttäuschung: Obwohl laut Jürgens Corona bis zu dem Zeitpunkt in den USA als keine Bedrohung gesehen wurde, wurde der Wettkampf abgesagt und alle Sportler mussten in ihre Heimat zurückkehren. Aber auch davon lässt sich Jürgens nicht runterziehen: Das Kriminologie-Studium, das sie in den USA angefangen hat, setzt sie in München als Jurastudium fort. Wenn Lavinja also nicht mehr als Leichtathletin antreten kann, möchte sie statt ihren Konkurrenten Straftätern hinterherjagen.

Jetzt, da Jürgens wieder in Deutschland ist, wird sie auch wieder von ihrer Mutter trainiert. Dass bei Jürgens Familie und Karriere verbunden sind, sieht die 20-Jährige nicht als Problem: „Viele denken immer, es geht nicht gut, mit der eigenen Mutter zu trainieren, aber ich sehe darin eigentlich nur Vorteile, weil meine Mutter mich besser als jeder andere Mensch kennt.“ Leistungsdruck übe die Familie aber keinen aus, im Gegenteil: Wenn Jürgens sich zu sehr auf die Leistung fokussiert, steht ihre Familie hinter ihr und beruhigt sie. Vor Wettkämpfen beten sie gemeinsam mit Lavinja.

Auch wenn aktuell unklar ist, wie die Sportwelt sich weiter entwickelt, lässt Lavinja Jürgens sich nicht ausbremsen: In den nächsten Jahren möchte sie die 1, 90 Meter springen, der große Traum ist natürlich Olympia. Auf ein Jahr hat sich die 20-Jährige aber noch nicht festgelegt. Aber egal, ob sie ihre Ziele erreicht oder nicht – Lavinja vertraut auf Gott.

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