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Tagebuch Israel - Tag 5

Klaus Kelle erzählt von einer Pilgerreise durch das Heilige Land. - Tag 5 der Reise.

Tag 5

Kurz vor der Rückreise hatten die Tempelritter im Heiligen Land noch ein aufregendes Programm: Es ging mit der Gondel zur Bergfestung Masada hoch über dem Toten Meer. Etwa 70 nach Christus hatte sich hier König Herodes mit einer etwa 1000 Mann starken Armee von jüdischen Zeloten vor den anrückenden Römern verschanzt. Als die römischen Heere die Festung belagerten und beschossen wurde die Lage aussichtslos. Fast alle der Eingeschlossenen begingen Selbstmord, lediglich zwei Frauen und fünf Kinder überlebten.

Für die Juden bis heute ein Fanal, das den unbeugsamen Widerstandswillen ihres Volkers dokumentiert. Über viele Jahre wurden deshalb hier oben auch die neuen Rekruten der israelischen Armee vereidigt.
Mit einer Seilbahn fuhr unsere Pilgergruppe auf das Plateau und bestaunte die Baukunst des Feldherrn und seiner Mannen. Aus einem Steinbruch dort oben, organisierte man die nötigen Quader für den Bau der Festungsanlagen. Dort oben muss es ein erstaunliches soziales Leben mit Badehäusern und Wohnungen gegeben haben.

Masada ist das große Symbol des jüdischen Selbstverständnisses, sich gegenüber Angreifern niemals zu beugen oder – wie es der jüdische Dichter Yizhak Lamdan 1927 schrieb: „Masada darf nie wieder fallen!“
Organisator unserer Pilgerreise war der katholische Ordensgeistliche der Templer, Pater Christian, ein Prämonstratenser aus dem bayerischen Kloster Roggenburg, der bereits das fünfte Mal hier auf Pilgerreise mit Gruppen unterwegs war. Im kommenden Jahr will er allein Exerzitien hier absolvieren. Das Heilige Land ist das Ziel seiner Sehnsüchte sagt er: „Es ist bildlich präsenter, wenn ich hier am See Genezareth am Altar stehe und Kelch und Hostie hebe. Es ergreift mich.“

Eine Ergriffenheit, die man bei jeder der täglichen Messen mit Pater Christian spüren kann. Wenn er in Deutschland das Evangelium vorliest, dann habe er die Bilder vor Augen, die er hier innerlich aufgesogen hat.

Pater Christian bei einer Heiligen Messe
Foto: Klaus Kelle | Pater Christian bei einer Heiligen Messe.

Aber mal ernsthaft, Pater Christian, glaubst du wirklich, dass Jesus übers Wasser gelaufen ist und Tote zum Leben erweckt hat, frage ich ihn beim Abendessen. „Wenn ich an die Auferstehung Jesu glaube, warum soll ich da nicht an Wunder glauben“, ist seine entwaffnende Antwort.

Es gäbe noch viel zu erzählen, etwa über das Essen hier. Das Frühstück mit frischen Tomaten, Fladenbrot und Humus. Oder die Bedeutung von Wasser für die Menschen hier, die wir uns in Europa nicht einmal ansatzweise vorstellen können. Doch  das sind Geschichten für ein nächstes Mal.

Am letzten Abend sitzen die Templer auf der Terrasse unseres Hotels mitten in der Altstadt von Bethlehem, nur wenige Fußminuten entfernt von dem Ort, an dem Jesus Christus geboren wurde – übrigens wahrscheinlich nicht in einem Stall, sondern in einer Grotte, die auch als Stall diente. Die Stimmung ist gelöst, diese Reise ist ein unvergessliches Erlebnis für uns alle. Wie trinken Anisschnaps, einige rauchen Zigarren. Um uns herum ein unglaublicher Lärm vom Straßenverkehr, von dauernd hupenden Autos, meistens besetzt mit jungen Leuten, wohl unterwegs zu irgendeiner Party. Überall laute Musik  – arabische Melodien ebenso wie westliche Hits von Rihanna und Justin Timberlake.

Bethlehem ist – so wie die ganze Region – ein Schmelztiegel unterschiedlichster Religionen und Kulturen. Und keine Sekunde haben wir uns hier unsicher gefühlt, so wie etwa zu Hause im Dortmunder Norden oder abends in Marzahn-Hellersdorf.

Israel und die Palästinensergebiete sind eine Reise wert, da sind wir uns alle einig – touristisch sowieso aber auch spirituell. Wir waren an dem Ort, an dem Jesus geboren wurde, waren im Saal, wo er das letzten Abendmal mit seinen Jüngern hielt, bevor er verraten und gekreuzigt wurde, gestorben ist für uns alle. Wir haben die Heilige Messe gefeiert am Ufer des Sees Genezareth, waren am einstigen Hauptquartier der Templer auf dem Ölberg und in der Hafenstadt Akkon, wo die Kreuzfahrer einst bis zum letzten Blutstropfen aushielten.

Ein letztes Mal stoßen wir an mit dem Wahlspruch der Templer: „Non Nobis Domine, Domine non nobis, Domine, sed nomini, sed nomini tuo da gloriam. („Nicht uns, Herr, sondern dem Namen, deinem Namen gib die Ehre.“ Dann gehen wir auf unsere Zimmer, um die Koffer zu packen. Die Templer haben auch in Deutschland noch viel zu tun…

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DT (jobo)

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