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Katholische Theologie: „Glut des Schauens“

Christliche Theologie als Sprache der Leidenschaft: Das Werk von Romano Guardini spiegelt die Herrlichkeit der Schöpfung.
Romano Guardini
Foto: Elisabeth Rahe (KNA) | Guardinis Theologie ist zuerst Rede vom göttlichen Logos, zuerst Rede von der Offenbarung, zuerst Rede von dem sich mitteilenden Großen.

Romano Guardini „Glut des Schauens“ führt zu ungewöhnlichen Texten. Sie spiegeln die Geheimnistiefe der Welt, die von Licht erleuchtet und zugleich durch das Licht selbst anziehend wird. Sie spiegeln mehr noch die Herrlichkeit des Schöpfers dieser Welt, tiefer die Schönheit des Erlösers, erregender die Fülle des Geistes.

Guardini verdünnt den Herrn nicht rationalistisch

Damit wird christliche Theologie zur Sprache der Leidenschaft. Guardini verdünnt den Herrn nicht rationalistisch; in genauer Lesung der Evangelien und Paulusbriefe zeichnet er seine unerschöpfliche Gestalt nach. Christus wird blutvoll. Und dabei wird etwas Seltenes sichtbar: dass auch Gott sein Schicksal am Menschen fand, nicht nur umgekehrt. Solche Auslegung erschüttert; sie zeigt die oft unterschätzte Freiheit, die verdeckte Größe des Menschen. Und sie führt von selbst zur Anbetung.

Von diesem Verlangen nach Wahrheit aus ist Guardinis Theologie nicht, wie heute üblich, zuerst Anthropologie, sondern zuerst Rede vom göttlichen Logos, zuerst Rede von der Offenbarung, zuerst Rede von dem sich mitteilenden Großen. Zu Gott hat der Mensch die Knie zu beugen und in ihm herrlich zu werden. Im offenbaren Gott wird sich der Mensch offenbar – denn er ist sich selbst ein Geheimnis. „Rätsel, Probleme sind dafür da, dass sie gelöst werden; dann gibt es sie nicht mehr. Hier ist nicht Rätsel, sondern Geheimnis. Geheimnis aber ist Ãœbermaß von Wahrheit; Wahrheit, die größer ist als unsere Kraft.“

Aufleuchten der verborgenen göttlichen Wahrheit

Was in den Hörsälen, in der Kapelle von Rothenfels, in den Universitätsgottesdiensten durch Guardini geschah und was eine glaubensferne und gebetsmüde Zeit mit ihren Ersatzversuchen mühsam anzielt, könnte bei einer Neulektüre nochmals geschehen: das Aufleuchten der verborgenen göttlichen Wahrheit und das lebendige Antworten darauf.

DT

Wer war der Mann, der so ungewöhnlich an Christus heranführen konnte und der vor 50 Jahren gestorben ist? Dies erfahren Sie in der aktuellen Ausgabe der "Tagespost" vom 27. September.

Themen & Autoren
Christliche Theologie Gott Jesus Christus Katholische Theologie Religionswissenschaft Schöpfung Wahrheit

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