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„Ich weiß, dass wir frei sind und frei sein wollen“

Polen feiert den 100. Jahrestag der Wiedergewinnung seiner Unabhängigkeit. Passend dazu äußert sich Zbigniew Stawrowski, Professor für politische Philosophie der an der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität in Warschau, zur Lage in Polen.
100. Jahrestag der Unabhängigkeit Polens
Foto: Omar Marques / Sopa Images (SOPA via ZUMA Wire) | Es sei bemerkenswert, dass die polnischen Gerichte nach dem Zerfall des Kommunismus keine gravierenden Änderungen eingeführt haben, so Stawrowskis.

Polen feiert den 100. Jahrestag der Wiedergewinnung seiner Unabhängigkeit. Passend dazu  äußert sich Zbigniew Stawrowski, Professor für politische Philosophie der an der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität in Warschau, im Gespräch mit der „Tagespost“ über die Lage in Polen. „Ich weiß nicht, ob wir unabhängig sind, aber ich weiß, dass wir frei sind und frei sein wollen. Das ist ein subtiler Unterschied, ein wichtiger Unterschied.“

Stawrowskis nimmt die polnische Regierung in Schutz

Dabei nimmt Stawrowskis die polnische Regierung gegen Angriffe aus dem westlichen EU-Raum in Schutz. „Ich mache mir wirklich Sorgen, dass im westlichen Europa eine größer werdende Ignoranz herrscht. Man benennt die polnische Regierung als eine Bedrohung für Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit. Aber ist das wirklich so? Es ist doch bemerkenswert, dass die polnischen Gerichte nach dem Zerfall des Kommunismus keine gravierenden Änderungen eingeführt haben. Jetzt nach so langer Zeit werden bestimmte Dinge gemacht und dafür gibt es Kritik aus dem Ausland.“

Aus Sicht von Stawrowski funktioniere der Pluralismus in den polnischen Medien besser. „Aber wenn wir schon von den polnischen Medien sprechen, dürfen wir ein Faktum nicht verdrängen: den großen Einfluss auf die Medien in Polen durch Deutsche. über siebzig Prozent der polnischen Printmedien, besonders auf der lokalen Ebene, sind in Händen ausländischer, vor allem deutscher Firmen. Das wäre in Deutschland undenkbar.“

Stawrowskis fürchtet, dass die EU ihre christlichen Wurzeln vergisst

Stawrowski fürchtet, dass die EU die christlichen Werte, die für Gründungsväter wie Adenauer, Schuman und de Gaspari noch wichtig waren, immer stärker vergisst. „Die Leute, die derzeit den Kurs der Europäischen Union bestimmen, scheinen zum Teil von dem italienischen Kommunisten und Europapolitiker Altiero Spinelli inspiriert zu sein, der von einer supranationalen europäischen Integration und Förderation träumte – im Unterschied zu anderen Europa-Konzepten. Viele Bürger Europas wehren sich instinktiv gegen diese posthume Etablierung Spinellis als „EU-Gründungsvater“, was den Erfolg neuer sogenannter „populistischer“ Bewegungen und Parteien bis zu einem gewissen Grad erklären kann. Die Leute haben es satt, sich von abstrakten Ideologien in eine Richtung führen zu lassen.“

DT/mee

Was Professor Zbigniew Stawrowski über Polen, Europa und die EU denkt, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 8. November 2018.

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