Wer annahm, dass mit der geringer werdenden Wirkkraft der Kirche eine Welt ohne Ethik entstehen würde, sieht sich getäuscht. Die säkularen Gesellschaften haben sich schnell Ersatz gesucht. Ingo Langner meint in seinem Essay für die „Tagespost“, dass dabei eine sich besonders in Fragen der Sexualität offenbarende „Libertinage“ die überlieferten Normen negiert habe.
Zugleich laufe die Gesellschaft ohne den überwundenen moralischen Rahmen aus dem Ruder: Der Hashtag „#metoo“ habe die Risiken und Nebenwirkungen der „sexuellen Befreiung“ aufgedeckt. „Hat also die sexuelle Revolution tatsächlich ihre Kinder gefressen?“, fragt Langner. „Ist das, was wir gerade erleben, mit der Ernüchterung jener Kommunisten vergleichbar, denen bei Stalins Schauprozessen in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre, bei denen Lenins revolutionäre Garde fast ausnahmslos zum Tode verurteilt wurde, die Augen aufgingen und zu radikalen Anti-Kommunisten mutierten?“
Langner identifiziert moralische „Moden“ mit „Verfallsdatum“, etwa den „Anti-Kolonialismus“, den er psychologisch als Kompensation von Schuld deutet. Damit halte dieser „Moralismus“ eine „bizarr verkrüppelte Form von Erbsündebewusstsein“ aktuell und liege damit ironischerweise wieder sehr nah am katholischen Original.
DT
Was das für die Neuevangelisierung bedeutet, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der „Tagespost“ vom 29. März.