Gibt es ihn, den freien Willen? Die uralte Menschheitsfrage bekommt durch die Naturwissenschaft neue Antworten. Die neue Frage lautet: Wie relevant sind diese für das Handeln des Menschen? Neuronen oder Gründe: Was lässt uns handeln?
Die Hirnforschung bestreitet den freien Willen
Forschungsresultate aus diesem Bereich der Neurowissenschaften scheinen zu zeigen, dass der freie Wille eine Illusion ist. Das jedoch ist er nur, wenn er als „absolut“ frei gedacht wird. Dass es darum aber nicht geht, zeigt ein Essay über Willensfreiheit und Verantwortung, der den Freiheitsbegriff pragmatisch fasst.
Neuronenfeuer – Früher sagte man: Vernunft
Demnach lassen sich starker und schwacher Determinismus unterscheiden. Der starke Determinismus scheitert schon an der Wirklichkeit, weil wir in dieser gar nichts von dem bemerken, was jener beinhaltet – wen kümmern schon seine Neuronen, wenn es um Handlungen aus Gründen geht? Er beschreibt – auf physikalischer Ebene recht genau und immer genauer –, was es bedeutet, einer Bindung an Voraussetzungen zu unterliegen, die wir aber selbstverständlich in Kauf nehmen. Das war noch nie ein philosophisches Problem, solange man das Feuern von Neuronen „Vernunft“ nannte.
Wider die Qual der Wahl
Der schwache Determinismus ist unproblematisch, ja, sogar hilfreich. Denn das, wovon einige Neurowissenschaftler meinen, es widerlegen zu können, absolute Willensfreiheit, ist nicht nur in der Tat unmöglich, sondern es wäre auch nicht gut für uns Menschen. Ein absolut freier Wille wäre launisch, zufällig, unberechenbar, zusammenhanglos – ein Wille in kausalem Vakuum. Freiheit ist daher gar nicht primär die Frage nach dem freien Willen, sondern ein Begreifen der paradoxen Freiheitserfahrung als Differenz von Freiheit und Unfreiheit im Rahmen universeller Bedingtheit.
DT (jbj)
Die Gedanken sind frei, der Mensch ist frei – und damit auch für sein Handeln verantwortlich. Lesen Sie dazu den Essay in der aktuellen „Tagespost“-Ausgabe vom 9. August 2018.