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Chemnitz: Das Versagen der Medien

Was in den letzten Tagen und Wochen in Chemnitz geschah, hat die Fliehkräfte der fragmentierten deutschen Gegenwartsgesellschaft deutlich gezeigt. Doch am Ende sind sich fast alle einig: die Medien haben versagt.
Chemnitz
Foto: Ralf Hirschberger (dpa) | Die Medien haben in ihrer Berichterstattung über die Ereignisse in der sächsischen Stadt total versagt.

Die Ereignisse von Chemnitz wurden sehr bald zu einem medienethischen Thema. Dass von rechts der Vorwurf der „Lügenpresse“ kommt, sollte dabei nicht verwundern, schließlich ist das eines der zentralen Narrative vordergründiger Kulturkritik, mit dem um die Gunst der Wähler geworben wird. Sie sollen sich betrogen fühlen, vom „bösen System“ in die Irre geführt. Und die Rechte bietet sich sogleich als rettendes Ufer an, das der Bürger bloß erreichen muss, wenn er in der Flut angeblicher Desinformation zu ertrinken droht.

Medienskandal: Wenn Bilder lügen

Tatsächlich gab es Aspekte in der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung zu Chemnitz, die als Wasser auf die ohnehin rotierenden Mühlen der Medienkritiker von rechts gelten müssen. Da wird in den „Tagesthemen“ über eine AfD-Demonstration berichtet und in den Bericht werden Bilder einer anderen, gewalttätigen Demonstration eingestreut. Dass es sich um ein Versehen handelt, mag man hinnehmen – auch bei Journalisten gilt es, zunächst die wohlwollendste aller Erklärungsvarianten anzusetzen –, doch handelt es sich um eine peinliche Fehlleistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

"Hetzjagd": Wenn Formulierungen Fronten schaffen

Und dann war da noch die Sache mit der „Hetzjagd“, die Steffen Seibert in seiner Eigenschaft als Regierungssprecher ins Spiel brachte. Dagegen hat sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer verwahrt. Es gab keinen Mob, es gab keine Hetzjagden, es gab keine Pogrome. Es sollten nicht diejenigen Menschen „an den Pranger“ gestellt werden, die aus Wut über das Tötungsdelikt in Chemnitz auf die Straße gegangen seien. „Die sind nicht rechtsextrem“, so der Landesvater Sachsens in einer offiziellen Erklärung der Staatsregierung.

DT

Was die Regionale Arbeitsstelle für Bildung, Integration und Demokratie Sachsen e.V. (RAA) von  Kretschmers Äußerungen hält und was Hans-Georg Maaßen, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Chemnitz meint und warum die linke „TAZ“ die feministische „Emma“ kritisiert, erfahren Sie in der Analyse von Josef Bordat, die Sie in der „Tagespost“ vom 13. September 2018 lesen können.

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Hans-Georg Maaßen Kulturkritik Steffen Seibert

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