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Die Wahrheit der Sakramente erläutert

Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. zeigt in seinen Predigten zu den Sakramenten die Zeichen des neuen Lebens. Von Clemens Schlip
Patronatsfest Peter und Paul
Foto: KNA | Papst em. Benedikt XVI. bei einem Festgottesdienst im Petersdom (2008).

Die Sieben Sakramente stehen im Zentrum des katholischen Glaubens. Deshalb überrascht es nicht, dass die allgemeine Kirchenkrise sich auch im Umgang mit ihnen manifestiert. So werden in Deutschland beispielshalber zwar immer noch jedes Jahr Kinder und Jugendliche in gewaltiger Zahl zu Erstkommunion und Firmung geführt – die inhaltliche Vorbereitung bleibt dabei in vielen Fällen freilich dürftig. Ähnliche Beobachtungen ließen sich auch zu den übrigen Sakramenten anstellen.

In einer solchen krisenhaften Situation tut Besinnung auf das Wesentliche Not. Eine wertvolle Hilfe dazu bietet ein Bändchen mit Predigten des emeritierten Papstes Benedikt XVI., das unter dem Titel „Zeichen des neuen Lebens“ im Johannes Verlag Einsiedeln erschienen ist. Die Sammlung mit Texten aus verschiedenen Wirkungsepochen Ratzingers ist thematisch den Sieben Sakramenten gewidmet. Zu jedem Sakrament wurden zwei Predigten des heutigen emeritierten Papstes aufgenommen. Gleichsam eingerahmt sind sie von zwei Predigten zur Kirche, die Anfang und Schluss des Bandes bilden.

Die älteste Predigt wurde 1977 in Ottobrunn bei München gehalten, die jüngste hielt Benedikt XVI. am Gründonnerstag 2009 in der Lateranbasilika. Nicht wenige der Texte waren zuvor entweder gar nicht oder an eher entlegenen Stellen publiziert. Der emeritierte Papst hat sie anlässlich der nun vorliegenden Veröffentlichung noch einmal durchgesehen. Herausgeber des Bandes ist der Passauer Diözesanpriester Manuel Schlögl, der dem „Neuen Schülerkreis“ Ratzingers angehört. Schlögls Vorgesetzter, Bischof Stefan Oster, hat zu dem Band ein kluges und gehaltvolles Geleitwort beigesteuert, in dem er den großen Prediger und Theologen Ratzinger in angemessener Weise würdigt.

Wie in allen seinen Schriften, so versteht Ratzinger es auch hier, wesentliche Einsichten einfach und verständlich zu formulieren. So etwa, weshalb die Sakramentenspendung immer individuell erfolgt: „Vor Gott sind wir keine Masse. Daher werden Sakramente nie kollektiv, sondern immer nur persönlich gespendet.“

Der Prediger ignoriert nicht die Probleme seines Zeitalters. Dies wird besonders in einer der Predigten über die Taufe deutlich (Osternacht 1979). Er weiß, dass in der Moderne das Verständnis für das Wesen der Sakramente abgenommen hat. „Wenn Eltern ihre Kinder taufen lassen, dann ist es heute doch vielfach so, dass sie kaum an... Auferstehungsgemeinschaft mit Christus denken, sondern nun einmal den Augenblick der Geburt mit einer etwas größeren Feierlichkeit zu unterstreichen wünschen.“ Bei Ratzinger folgt aus der Erkenntnis solcher Schwierigkeiten keine Kapitulation vor der Unwissenheit. Vielmehr erklärt er seinen Zeitgenossen meisterhaft und geduldig, worum es bei der Taufe und den anderen Sakramenten wirklich geht und entzündet so das erloschene Feuer des Glaubenswissens aufs Neue.

Mangelndes Verständnis für die Sakramente findet sich freilich auch in einem Personenkreis, der es besser wissen könnte: den zeitgenössischen Theologen. Schon der Erzbischof von München und Freising wandte sich gegen die von manchen modernen Theologen vorgenommene Reduzierung der Taufe auf einen bloßen Aufnahmeritus: „Aber damit, wenn man Taufe sozusagen zu einer etwas naiven Vorstufe von Bürokratie herunterdegradiert, hat man nun wirklich den Kern der Sache verfehlt.“

Besonders beeindruckend sind die beiden Predigten zum Sakrament der Firmung. In der ersten aus dem Jahre 1982 erläuterte der damalige Kardinal Ratzinger das Sakrament aus dem äußeren Ablauf der Firmspendung heraus und zieht am Ende daraus lebenspraktische Konsequenzen: „Firmung ist immer auch Überschreitung der Grenzen. Sie verlangt von uns, das Kleinkarierte unserer Ideen und Wünsche, unsere Besserwisserei aufzugeben und wahrhaft ,katholisch‘ zu werden: mit dem Ganzen der Kirche zu leben, zu denken, zu handeln.“ In der zweiten, die Benedikt XVI. auf dem Weltjugendtag des Jahres 2008 in Australien hielt, erklärte der Papst den Begriff „Kraft des Heiligen Geistes“ und verband dies mit einem leidenschaftlichen Appell an die versammelten Jugendlichen, zu einer geistgewirkten Erneuerung der Welt beizutragen.

Ein weiterer Höhepunkt der Sammlung ist die Gründonnerstagspredigt Benedikts XVI. aus dem Jahre 2009. In ihr finden sich erhellende Ausführungen zu Formulierungen des Römischen Kanons (Erstes Hochgebet). Zu den Worten „Er nahm das Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände“ bemerkte der Papst: „Wir schauen auf die Hände hin, mit denen er Menschen geheilt hat; auf die Hände, mit denen er Kinder gesegnet hat; auf die Hände, die er Menschen aufgelegt hat; und auf die Hände, die am Kreuz angenagelt wurden und die für immer die Wundmale als Zeichen seiner todbereiten Liebe tragen.“ Zum Verständnis der Formulierung „erhabener Kelch“ (praeclarus calix) verwies Benedikt auf Psalm 23, wo es heißt: Du füllst mir reichlich den Becher (calix praeclarus): „Der Römische Kanon versteht dieses Psalmwort als eine Prophetie, die in der Eucharistie sich erfüllt.“ Unter der Rubrik „Ehe“ bietet eine Predigt aus dem Jahre 1991 unter anderem eine interessante und kluge Exegese der Verwandlung von Wasser zu Wein auf der Hochzeit zu Kanaa. Besondere Erwähnung verdienen auch eine Weihepredigt aus dem Jahr 1989 („Wir brauchen wieder den Mut, die einfache Realität des Glaubens ohne Ausreden und ohne Umwege in die Welt hineinzurufen“) und eine 1985 anlässlich einer Altarweihe gehaltene Predigt. In letzterer erläuterte Ratzinger nicht nur ausführlich, was es heißt, dass Gott auf dem Altar gegenwärtig wird und sich selbst den Menschen gibt, sondern gab auch dezente Hinweise zum Wesen der Liturgie und ihrem rechten Vollzug.

Insgesamt betrachtet bieten die sich stilistisch durch schlichte Eleganz auszeichnenden 16 Predigten nicht nur wertvolle Erläuterungen zu den Sieben Sakramenten, sondern ergeben in ihrer Summe zugleich eine kleine „Einführung in das Christentum“. In einer Zeit, in der die eigentlichen Inhalte des christlichen Glaubens auch innerhalb der Kirche oft keine Rolle mehr zu spielen scheinen oder sogar bewusst ignoriert werden, ist dieses Buch eine wertvolle Einladung, sich wieder einmal einige wichtige Grundwahrheiten in Erinnerung zu rufen.

Joseph Ratzinger/Benedikt XVI.: Zeichen des neuen Lebens. Predigten zu den Sakramenten der Kirche. Johannes Verlag Einsiedeln, Freiburg i. Br. 2017, Broschur, 149 Seiten, ISBN 978-3-89411-

439-8, EUR 10,–

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