Die Baumeister dessen, was wir heute als Kultur, als Gemeinsamkeit oder – mit synthetischem Blick – als Identität Europas bezeichnen, hatten keine Pläne zur wirtschaftlichen oder politischen Einigung Europas. Aristoteles, Cicero und Paulus (exemplarisch genannt) schufen aber die Fundamente dafür, einen geografisch nicht klar umrissenen Erdteil mit unterschiedlichen Klimazonen und vielfältigen Landschaften, mit einer Vielzahl von Sprachen und Völkern als Einheit zu verstehen. Auch wenn im Kampf der Hellenen gegen die Perser bereits Europäisches anklingen mag, so sind doch weder das Reich Alexanders des Großen noch das mediterrane Imperium Romanum Vorstufen des vereinten Europa.
Wozu Europa?
Untrennbar scheinen die Worte Europa und Krise miteinander verbunden zu sein: Agrarkrise, Verfassungskrise, Erweiterungskrise, Wirtschaftskrise. Dabei war und ist nicht die Einigung des Kontinents Ursache dieser Krisen, sondern umgekehrt die Idee und die Fortentwicklung dieser Einigung eine Strategie der Krisenbewältigung. Nicht ob wir ein vereintes Europa brauchen, sondern wie es modernisiert werden kann, um den Europäern Schutz und Frieden zu bieten, ist also die große Frage in dieser Stunde der Weltgeschichte. Von Stephan Baier