Der Blick zurück auf dieses Jahr 2010, auf die Debatten über Reformen in der Kirche zeigt es besonders deutlich: Es gibt nicht wenige, die etwa die Abschaffung des Zölibats und die Einsetzung von Frauen ins Priesteramt fordern – alles andere sei nicht mehr zeitgemäß. Es ist erstaunlich, wie weitgehend unbekannt offenbar heute die Gründe zu sein scheinen, die für den Zölibat sprechen. Und es zeigt sich, wie fragwürdig überhaupt in diesen oder anderen umstrittenen Glaubensfragen eine Argumentation ist, die sich darauf stützt, was angeblich zeitgemäß oder nicht zeitgemäß sei. Nur was als zeitgemäß erkannt wird, darf Legitimität für sich in Anspruch nehmen. Nur dem Zeitgemäßen wird zugestanden, auch Zukunft zu haben.
Unzeitgemäß glauben
Die Zeit – zum Jahreswechsel hat sie ihren großen Auftritt, wenn an Silvester Punkt Mitternacht die Korken knallen und mit dem Zeigerschlag von 24 Uhr auf 00.01 Uhr das Jahr 2011 beginnt. Das ist die unaufhörlich fortschreitende chronologische Zeit. Der Mensch aber kennt noch eine andere Zeit – die subjektiv empfundene der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Das macht den Menschen zum Menschen, ist aber immer einer Verführung ausgesetzt: der nämlich, immer zeitgemäß sein zu wollen, womit jedoch allein Vergangenheit und Zukunft eingeebnet werden. Für den christlichen Glauben hat das fatale Folgen, den Verlust der Ewigkeit. Das zeigt das Jahr 2010. Von Kurt Hübner