Dass die menschliche Natur etwas mit der Moralität und dem Rechtsempfinden des Menschen zu tun hat, steht außer Frage. Was seit jeher umstritten ist und – soviel ist klar – auch weiterhin heftig umstritten sein wird, das ist die Frage, was wir denn meinen, wenn wir von der „Natur“ sprechen. Wenn Thomas von Aquin die natura humana anspricht, um den Hang des Menschen zum Guten zu erklären, meint er nicht das gewordene Genmaterial, sondern den seienden Geist Gottes, der das menschliche Gewissen formt, vor dessen Urteilskraft dem Menschen Tugenden und Laster als solche identifizierbar sind.
Feuilleton
Und es gibt es doch...
Wer den Menschen als bloßes Produkt einer Abfolge von zig Billiarden – noch dazu erstaunlich geglückten – aufeinanderfolgenden Zufällen denkt, für den kann auch das Naturrecht keine Geltung beanspruchen. Denn der Zufall kennt weder Sinn noch Ziel, sondern nur Wahrscheinlichkeit. Für alle weniger abenteuerlich Gesinnten ist das Naturrecht dagegen weiterhin des Nachdenkens wert. Zur neuen Aktualität einer alten Denkfigur. Von Josef Bordat