Transparenz genießt gegenwärtig einen ausgezeichneten politischen Ruf. Das Wort gibt in seiner englischen Übersetzung einer Nicht-Regierungsorganisation sogar ihren Namen: „Transparancy International“. Diese Organisation will weltweit Korruption aufdecken. Korruption gilt als eine Geißel der Menschheit. Sie verhindert Entwicklung, Fortschritt und Gerechtigkeit in den Gesellschaften und Staaten der Erde, heißt es. Oppositionen und neue Regierungen in prekären Regionen erklären deshalb die Bekämpfung der Korruption als eine ihrer ersten und obersten Aufgaben – wobei es meistens bei der Ankündigung bleibt.
Das Recht auf Nichtwissen
Transparenz – das ist das Wort, ohne das in der Politik nichts mehr geht. Ob Verwaltungsverfahren, Parlamentsarbeit, Krisenmanagement, Parteien, das politische Personal, siehe Christian Wulff: Alles soll gläsern werden. Politik und Demokratie versprechen sich davon neuen Rückhalt im Volk. Sie erhoffen sich einen Legitimitätsgewinn. Aber das alles kann schnell ins Totalitäre umschlagen. Die Forderung nach vollständiger Offenheit ist nicht so harmlos, wie sie klingt. Von Johannes Seibel